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OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung
#71
Jetzt stell ich mal ein, was das Amtsgericht Augsburg im Zivilverfahren zum § 170 StGB gesagt hat. Das Aktenzeichen steht unter # 41 im Auftrag an den Gutachter und ist deshalb auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der kommenden Verhandlung zu sehen.

Die Verhandlung selbst lief folgendermaßen ab;

Der Tatrichter betrat den Saal, nickte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen freundlich zu, setzte sich dann an den Richtertisch, sah in die Akten, schüttelte mit dem Kopf und sagte:

„Herr Camper (Name geändert), ich habe noch nie einen Menschen so oft vor dem Familiengericht gesehen, wie sie. Und egal was sie jetzt vorbringen werden, ich spreche sie schuldig."

Darauf fragte mein Prozessbevollmächtigter: „ Dann nützt es wohl nichts, wenn wir etwas vortragen?“

Der Richter darauf: „Nein“

Mein Prozessbevollmächtigter: „ Dann können wir ja gehen?“

Der Richter: „Ja. Die Sitzung ist geschlossen.“

Alles in allem hat die Hauptverhandlung etwa 43 Sekunden gedauert
Wesentlich länger hat wohl das Diktat des Endurteiles gedauert, das dann so ausfiel. Namen und persönliche Daten sind wie immer frei erfunden:

Zitatanfang
Amtsgericht Augsburg

404 F 01607/06

Verkündet am: 09. Oktober 2006

Urkundsbeamt.

In Sachen

1. Campertochter 2, Bildstr. 1, 00000 Sportdorf, geb. am 00.00.1991, gesetzlich vertreten durch Camperexfrau, Bildstr. 71, 00000 Sportdorf

Klägerin zu 1)

2. Campertochter 1, Bildstr. 71, 00000 Sportdorf

Klägerin zu 2)

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Unersättlich und Kollegen, Talstr. 4, 00000 Fuchsdorf
Schrankfach 20/6
GZ: 130402SB19 B

gegen

Camper, Fuchsweg 4, 00000 Fuchsdorf

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Hans Kleber
Zwölfstr. 14, 00000 Fuchsdorf
GZ; A110-06/JM/ma

wegen Kindesunterhalt

erläßt das Amtsgericht Augsburg durch den Richter am Amtsgericht Dr. Arbeitsscheu aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2006 am 09. Oktober 2006

im Namen des Volkes

folgendes

Endurteil

1. Zur Insolvenztabelle wird festgestellt, dass der Klägerin zu 1) in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Camper, Fuchsweg 4, 00000 Fuchsdorf, eine Insolvenforderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in Höhe von 5.046,81 EUR zusteht.

2. Zur Insolvenztabelle wird festgestellt, dass der Klägerin zu 2) in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Camper, Fuchsweg 4, 00000 Fuchsdorf eine Insolvenzforderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in Höhe von 6.427,93 EUR zusteht.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 12.000,-- EUR vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

Die Klägerinnen erheben Feststellungsklage gegen den Beklagten nach § 184 Insolvenzverordnung.

Die Klägerinnen sind die leiblichen Kinder des Beklagten. Er ist gegenüber diesen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Der Unterhalt wirde mit dem Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Augsburg zunächst festgelegt. Im Rahmen einer Vereinbarung beim Oberlandesgericht München – AZ: 4 UF 427/02 – vom 25.03.2003 wurde dem Beklagten nachgelassen, nur 100 % des Regelbetrags zu schulden, wobei es im Übrigen bei dem Urteil des Amtsgerichts Augsburg, AZ 404 F 2030/00 verblieben ist. In diesem Urteil wurde auch die Leistungsfähigkeit des Beklagten festgestellt.

Der Beklagte hat nunmehr im Verbraucherinsolvenzverfahren beim Amtsgericht – Insolvenzgericht – Augsburg unter dem Aktenzeichen 2 IK 1042/04 eingeleitet. In dieses Verfahren hat er auch die rückständigen Unterhaltsschulden gegenüber den Klägerinnen in Höhe von 5.046,81 EUR bzw. 6.427,93 EUR hineingenommen. Das Verfahren wurde am 18.10.2004 um 9.34 Uhr eröffnet.

Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, dass diese Unterhaltsrückstände aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrühren. Der Beklagte habe sich trotz Leistungsfähigkeit seiner Zahlung entzogen und sich insoweit strafbar gemacht gem. § 170 Strafgesetzbuch.
Die Klägerinnen beantragen:

1. Zur Insolvenztabelle wird festgestellt, dass der Klägerin zu 1) in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Camper, Fuchsweg 4, 00000 Fuchsdorf, eine Insolvenzforderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in Höhe von 5.046,81 EUR zusteht;

2. Zur Insolvenztabelle wird festgestellt, dass der Klägerin zu 2) in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Camper, Fuchsweg 4, 00000 Fuchsdorf eine Insolvenzforderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung in Höhe von 6.427,93 EUR zusteht.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage abzuweisen.

Im Wesentlichen trägt er vor, dass der Beklagte im gegenständlichen Zeitraum nicht leistungsfähig gewesen sei. Er habe damit auch nicht den Tatbestand des § 170 StGB erfüllt.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist das Amtsgericht – Familiengericht – zur Entscheidung örtlich und sachlich zuständig.

Die Klage ist auch begründet. Die beiden Klägerinnen steht ein Anspruch nach § 184 Insolvenzverordnung zu.

Der Beklagte schuldet den Klägerinnen unstreitig für den Zeitraum bis Oktober 2004 5046,82 EUR bzw. 6.427,93 EUR
Gleichzeitig ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Beklagte vorsätzlich den Zahlungen entzogen hat und sich deshalb gem. § 170 Strafgesetzbuch strfbar gemacht hat. Dem Beklagten wurde durch den erkennenden Richter in den vorausgegangenen Verfahren und auch mehrfach durch das Oberlandesgericht mitgeteilt, dass er bezüglich der Klägerinnen eine erhöhte Erwerbsobliegenheit hat und dieser nachkommen muss. Dies wurde ihm auch in dem zu Grunde liegenden Unterhaltsurteil so mitgeteilt. Das Urteil ist insoweit rechtskräftig. Es muss daher von der Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Auch kannte der Beklagte den Grund der richterlichen Hinweise seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlunge. Dieser hat er sich vorsätzlich entzogen.
Er kann sich nicht darauf berufen, dass er bis zur Pfändungsfreigrenze gezahlt habe. Dem steht die dem Beklagten bekannte Erwerbsobliegenheit gegenüber den beiden Klägerinnen entgegen.

Auf Grund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten war dem Klageantrag der Klägerinnen nach § 184 Insolvenzverordnung stattzugeben.

Kosten:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO

Dr. Arbeitsscheu
Richter am Amtsgericht

Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
Augsburg, den 18. Oktober 2006
Tippse, JAng
Urkundsbeamtin

Zitatende
Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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RE: OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung - von Camper1955 - 14-01-2012, 03:18

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