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OLG Karlsruhe 30.04.2025 zum Unterhalt beim Wechselmodell
#1
OLG Karlsruhe vom 30.04.2025 Az. 5 UF 49/23. Volltext: https://www.landesrecht-bw.de/perma?d=NJRE001609038

Netter Beschluss, die Juristen am Prellbock der Möglichkeiten bei der gegenseitigen Abzocke.

Vater klagt. Kind 2 ist im 50:50 Wechselmodell. Hat noch ein zweites älteres Kind 1 mit einer anderen Mutter. Er ist Mangelfall, er verdient wenig, wird zu 46% des Mindestunterhalts verurteilt, zahlbar an Mutti von Kind 2. Mutti bezieht Sozialleistungen. Dann beginnt das Wechselmodell für Kind 2. Er reduziert den Unterhalt an Mutti und erbringt stattdessen Naturalleistungen weil Wechselmodell - Wohnraum, Schulbedarf, Lebensmittel, Beiträge für den Fußballverein, Kleidung, Sportartikel, Einrichtungsgegenstände. Um das abzusichern will er den Unterhaltstitel herabsetzen. Man habe sich darauf geeinigt, dass jeder Elternteil die laufenden Lebenshaltungskosten trägt und alle anderen Kosten hälftig. Durch die Übernahme des Naturalunterhalts sei die Leistungsfähigkeit des Vaters vollständig ausgeschöpft. Unterhaltstitel auf Null.

Damit scheitert er am Amtsgericht. Die Begründung ist der Hammer. Das Wechselmodell würde den Unterhaltstitel gar nicht berühren. Weil Mutti auch kein Geld hat, bleibe er unterhaltspflichtig. Der Vater nimmt das nicht hin geht zum OLG.

Das stellt fest: Der Vater ist prinzipiell unterhaltspflichtig, weil die Mutter leistungsunfähig ist (lustigerweise verschwindet das Thema "gesteigerte Erwerbsobliegenheit" in dieser Konstellation immer schwuppdiwupp), ABER: Der Vater darf bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit neben seinem eigenen Selbstbehalt zunächst den auf ihn entfallenden Naturalunterhalt für das Kind absetzen, bevor ein verbleibendes Einkommen für den Barunterhaltsbedarf für den Aufenthalt bei der Mutter einzusetzen ist.

Denn das Problem ist die Übergriffigkeit und die Unterhaltsmaximierung des Unterhaltsrechts. Würde der Vater leistungsfähig für die auf den Antragsgegner übergegangenen Unterhaltsansprüche sein, dann würde das Kind umgekehrt sogleich bedürftig für den Aufenthalt beim Vater und es würde möglicherweise ein Leistungsanspruch gegen die Mutter entstehen. Unterhaltspingpong, immer schneller, immer härter!

Die gesamte Unterhaltsverpflichtung entfällt.
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#2
Der Leitsatz ist ja der Hammer!

"Wird ein Kind im Wege eines paritätischen Wechselmodells betreut, besteht hinsichtlich eines auf die Zahlung von Barunterhalt gerichteten Kindesunterhaltsanspruchs keine Leistungsfähigkeit, wenn dem Elternteil nach Abzug seines eigenen Selbstbehalts weniger als die Hälfte des sozialrechtlichen Regelsatzes für das Kind verbleibt. Jeder Elternteil darf die bei ihm anfallenden Kosten für das Kind - zumindest in Höhe des hälftigen sozialrechtlichen Regelsatzes - vorrangig durch Naturalunterhaltsleistungen decken."

Wenn...weniger als die Hälfte des sozialrechtlichen Existenzminimums...
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das Geld, was dem Vater über seinem eigenen Selbstbehalt verbleibt, ist konsequenterweise für den
Unterhalt des Kinds gedacht. Das Kind darf bei einem Elternteil auf Bürgergeldniveau leben, während genau dieser Elternteil die Kohle, die darüber liegt, als Unterhalt zum
anderen Elternteil verschiebt, damit das Kind dann dort KEIN Bürgergeldempfänger wird. Wo ist denn da der Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz? Was maßt sich
die Judikative an, das Kind ins Präkariat zu schieben? Warum darf der hälftig betreuende Elternteil nicht den Teil für das Kind als Naturalunterhalt einsetzen, den man
in der ersten Altersstufe aus der DDT für das Kind findet? Wo die DDT sonst doch das Mantra für alles im Unterhaltsrecht ist.
"Du Mama. Wenn Papa tot ist kauf ich mir meinen eigenen Ponyhof!" - CosmosDirect Lebensversicherung, 2007

Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Vater
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#3
Die haben geradezu panische Angst davor, dass im Wechselmodell "Jeder zahlt seine Kosten" hochkommt. Ein Milliardenmarkt wäre in Gefahr, Geldverschiebungen zwischen den Eltern würden wegbrechen.

Das kaputte Unterhaltsrecht fordert im Residenzmodell, das Kind betreut von Elternteil A solle Unterhalt bekommen nach der Lebensstellung des Kindes, die sich allein nach der Lebensstellung des Elternteils B richtet. So werden die Einkommensstufen der Düsseldorfer Tabelle begründet.

Im Wechselmodell lässt sich dieser Schwachsinn nicht mehr durchhalten, er zerschellt noch stärker an jeder Logik, auch wenn die Rechtspflege so tut als gäbe es eine Lösung. Das fängt schon. damit an, dass es gar keine eindeutige Lebensstellung des Kindes mehr gibt. Es gibt kein "Montag arm", "Dienstag reich". Das wäre so, wie wenn man behauptet, mit einer Nulldiät zu leben, weil man zwischen Frühstück und Mittagessen fasten würde.
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