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30 Jahre Rückschau
#1
Ich bin nun fast Gründungsmitglied hier im Forum und wollte nach 20 Jahren meine Zusammenfassung mitgeben. Vielleicht hilft jemanden die Rückschau. Warum heute? Eigentlich war es mir egal was aus der Tochter geworden ist, seit 10 Jahren habe ich nicht viele Gedanken daran verschwendet. Jetzt ist die Hochzeit auf der ich nicht eingeladen bin. 

Teil 1:  Als ich mich vor vielen Jahren von der Mutter meiner Tochter trennte, versuchte ich zunächst, den Kontakt zu ihr aufrechtzuerhalten. Es wurde jedoch mit der Zeit immer schwieriger bzw wurde schwieriger gemacht, mit Kind muss Ruhe finden und so. Als die beiden umzogen, war das der endgültige Bruch. 
Ich nahm es ihr nicht übel, denn ich verstand, dass sie versuchte, sich ein neues Leben aufzubauen. Ich packte meine eigenen Koffer und suchte mir eine neue Welt. Wenn es nicht mit mir geht, dann muss es ganz ohne mich gehen. 

Teil 2: In einer späteren Beziehung, die ebenfalls scheiterte, traf ich frühzeitig Vorkehrungen. Mittlerweile hatte ich Geschichten im Lt.D. gelesen und wollte die gleichen Probleme wie zuvor zu vermeiden. Mein Entschluss stand fest, am Tag unserer Hochzeit würde ich das Land verlassen, mit oder ohne Frau. Rückblickend war das eine gute Idee. Ich packte meine Koffer und fand in Südostasien eine neue Heimat. Nach ein paar wilden, schönen Jahren ging auch diese Ehe zu Ende. Die Scheidung war fair – die Hälfte des Zugewinns ging an meine Ex-Frau, und die Sache war erledigt. Die Kosten waren ca. 10 EUR fürs Gericht und 300 EUR für Übersetzungen. Der Abschied aus dem DLand hatte sich ausgezahlt.

Ich bin also zweimal relativ glimpflich aus diesen Situationen herausgekommen. Wie ein chinesisches Sprichwort sagt: Nicht wirklich gut, aber auch nicht so schlecht. 

Was mir dabei am meisten geholfen hat, war die Möglichkeit einen Schlusspunkt zu bekommen. 

Ein Jahr nach der Trennung, hat mich meine dann schon Ex-Freunding angerufen und bat mich, am Wochenende auf unsere Tochter aufzupassen. Wir hatten zwar unregelmäßigen Kontakt, aber es war jedesmal ein Drama Besuche zu organisieren. Zu wissen, dass man der letzte Mensch auf der Welt ist, der um Hilfe gebeten wird, war mir Ehre genug. Ich ließ alles stehen und liegen, denn ich spürte, dass es wahrscheinlich das letzte Mal sein würde, dass ich sie nocheinmal für mich allein haben kann.

Zehn Jahre später besuchte mich meine Tochter im Urlaub. Die Atmosphäre war jedoch seltsam distanziert, und es kam keine herzliche Stimmung auf. Ich ging dann einfach weg, wusste ich: Das war’s. Es war okay für mich, denn es gab mir endgültig meinen Frieden. Ich sah den Besuch als ein Zeichen des Respekts nach all den Jahren.

Was mich heute noch ein wenig beschäftigt, ist die Tatsache, dass ein alter Schulfreund Kontakt zur Familie bekommen hat. Er ist ein- bis zweimal im Jahr bei Familienfeiern dabei und auf Fotos zu sehen – genau dort, wo ich eigentlich sein wollte. Das löst in mir ein Gefühl von Neid aus.

Trotz allem kann ich nicht klagen. Im Vergleich zu vielen anderen Geschichten ist meine wohl ein Happy End. Dreißig Jahre sind vergangen, und das Leben ist weitergegangen. Meine Tochter heiratet bald, und ich bin nicht dabei. Traurig bin ich nicht, denn ich habe mich ja bewusst dazu entschieden, den Kontakt nicht mehr zu suchen. Jeder muss für sich selbst seinen Frieden finden.
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30 Jahre Rückschau - von Tahim2 - Gestern, 18:54

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