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Bundesverfassungsgericht vom 29. Dezember 2005, Aktenzeichen 1 BvR 2076/03. Knapper und knackiger Original-Volltext: http://www.bundesverfassungsgericht.de/e...07603.html
Es ging um einen arbeitslosen Unterhaltspflichtigen, der nachweislich keinen Job fand und trotzdem zu Unterhalt für zwei Kinder verknackt wurde - weil er sich nicht bundesweit beworben habe. Fiktives Einkommen, Punkt. Beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht wird bereits sein Prozesskostenhilfeantrag als aussichtslos zurückgewiesen und dem Antragsteller eine arrogante Watsche verpasst. Das BVerfG widerspricht dem und watscht die OLG-Richter ihrerseits ab:
Voraussetzung der Zurechnung fiktiver Einkünfte sei, dass der Unterhaltspflichtige die ihm subjektiv zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht ausreichend unternommen hat und zudem feststeht oder zumindest nicht auszuschließen ist, dass bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Zu diesen subjektiven wie objektiven Voraussetzungen der Zurechnung fiktiver Einkünfte haben die beiden Ausgangsgerichte keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es sei auch außer Acht gelassen worden, ob eine bundesweite Arbeitsaufnahme dem Unterhaltsverpflichteten unter Berücksichtigung seiner persönlichen Bindungen, insbesondere seines Umgangsrechts mit seinen Kindern, sowie der Kosten der Ausübung dieses Umgangsrechts und der Umzugskosten, zumutbar ist.
Nebenthema: In den Entscheidungen, so auch in dieser, sind oft die bevollmächtigten Rechtsanwälte namentlich genannt. Wer einen ähnlichen Sachverhalt hat und einen Anwaltstip braucht, wird hier unter Umständen fündig.
wieso muss sich jemand bundesweit bewerben? ich dachte immer, dass man in deutschland wohnen darf wo man selbst will. gilt dann nicht das gleiche für frauen? frauen mit kindern ist ein umzug auch zumutbar. also können frauen dahin umziehen, wo es eine kinderbetreuung gibt, so dass sie einer arbeit nach gehen können. ich bin doch ein wenig verwirrt.
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Hierzu passt auch der Fall eines behinderten Vaters, der einen 2-jährigen Sohn hat und sich sogar europaweit bewerben sollte:
BVerfG 1 BvR 2236/06
http://www.bundesverfassungsgericht.de/e...23606.html
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Der Fall aus borni´s Link ist interessant, der Mann muss mit seinem Auto täglich 80km fahren um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, öffentliche Verkehrsmittel kann er nicht verwenden, er muss schon um 5 Uhr in der Früh losfahren, er ist zu 30% invalide.
Wenn ich da fiktives Einkommen unterstellt bekommen würde, ich würde beinhart nur 3 Wochen im Monat zur Arbeit fahren und die 4. Woche mit der Begründung kein Geld für die Fahrt zu haben einfach zu Hause bleiben, mit fiktivem Geld lässt sich nämlich kein Tank füllen
Der Mann hat aber leider einen schwerwiegenden Fehler in seiner Vergangenheit gemacht, er hat in einem Land wie Deutschland ein Eigenheim geschaffen und ist somit erpressbar und angreifbar, ein Eigenheim anzuschaffen sollte man prinzipiell nur in einem Land in Erwägung ziehen in dem man auch Rechtssicherheit hat.
Viele belächeln die Männer in Thailand, die auf den Namen ihrer thailändischen Frau ein Haus kaufen, das Endergebnis ist aber nach der Trennung in Deutschland das gleiche wie in Thailand, mit dem Unterschied, dass ein Haus in Thailand viel weniger kostet und man sofort bescheid weiss, dass es einem nicht gehört, in Deutschland wird einem aber auf der Nase herumgetanzt und man kann das Haus jahrelang als Druckmittel verwenden, im Endeffekt verliert man ja doch alles wenn man sich nicht erpressen lassen möchte.
wie ich es gelesen habe, ist eine arbeitsstelle im ausland nicht ausgeschlossen und nur in diesem speziellen fall nicht anwendbar. interessantes urteil und auch die tatsache, dass der arme kerl bis zum verfassungsgericht gehen musste.
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(22-08-2008, 08:44)borni schrieb: Hierzu passt auch der Fall eines behinderten Vaters, der einen 2-jährigen Sohn hat und sich sogar europaweit bewerben sollte:
BVerfG 1 BvR 2236/06
http://www.bundesverfassungsgericht.de/e...23606.html
Angenommen, ich finde nun einen guten Job in Polen, hilft mir dann auch unser Staat dorthin umzuziehen, immerhin arbeite ich ja dann wieder, und kann etwas abdrücken, dehnen wir das nun auf weltweit aus .... da öffnen sich ja ganz neue Möglichkeiten.
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Kammergericht, Beschluss vom 16. April 2013, Az. 17 UF 8/13
Volltext: http://openjur.de/u/635524.html
"Von einem gesteigert Unterhaltspflichtigen kann erwartet werden, dass er eine von ihm bislang tatsächlich ausgeübte Berufstätigkeit grundsätzlich auch dann im bisherigen Umfang und Ausmaß fortführt, wenn er dieser in gefährlichen Regionen der Welt nachgehen muß."
Iraker schwebt in Berlin ein, produziert drei Kinder, will keinen Unterhalt zahlen, er sei selber auf ALG 2 angewiesen. Sein Pech: Es ist lange und gut ausgebildet, ein Master of Science in Drilling Engineering der AGH University of Science and Technology in Krakau/Polen, einer traditionsreichen Bergbauakademie. Ausserdem hat er schon in verschiedenen Ländern gearbeitet. Ein Jobangebot im Irak war nichts für ihn, eine unleserliche Liste mit Telefonnummern die er angerufen habe reichen dem Gericht nicht aus. Er muss sich weltweit bewerben:
"...die beabsichtigte Geschäftsführertätigkeit für die Fa. B... im Irak klar belegen, selbst in gefährlichen Regionen der Welt: Da von ihm grundsätzlich erwartet werden kann, dass er seine Berufstätigkeit im bisherigen Umfang und Ausmaß fortsetzt, ist er folglich im Prinzip verpflichtet, sich weltweit um geeignete Positionen zu bewerben und damit beispielsweise auch in der norwegisch-schottischen Erdölindustrie, bei kanadischen/US-amerikanischen Explorationsunternehmen oder im asiatischen Raum sowie im nördlichen und mittleren Afrika, soweit dort nach Erdöl oder anderen fossilen Bodenschätzen gesucht wird: Auch dies wurde von ihm verabsäumt."
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17-12-2013, 13:02
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17-12-2013, 13:16 von Simon ii.)
(17-12-2013, 12:25)raid schrieb: Bundesweit und europaweit, Hauptsache weg von den Kindern.
Sehe ich grundsätzlich erstmal anders: Warum soll jemand Hartz IV bekommen, wenn er hervorragend ausgebildet ist und mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine entsprechende Stelle bekommt?
Die Frage ist jedoch: Hat er sich um seine Kinder gekümmert (dann wäre sein Weigerung verständlich und auch angemessen), oder hat er sie der KM überlassen und sich selbst einen faulen Lenz gemacht (dann wäre das Gerichtsurteil angemessen)?
Dies geht leider aus dem Urteil nicht hervor. Es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, wie die Beziehung des Vaters zu den Kindern ist (oder habe ich etwas überlesen?).
Insofern ist eine wirkliche Beurteilung des Sachverhaltes gar nicht möglich.
Simon II
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Wenn nicht darauf eingegangen wird, hat er dazu nichts vorgebracht. Hätte er damit argumentiert, wäre es der Begründung zur Sprache gekommen. Es fällt allerdings in diesem Fall schwer, das Kinderargument in Stellung zu bringen, da er bereits Jobs weit weg hatte, ausserdem sind und waren Ölbohrungen wirklich keine Tätigkeit, die man in Berlin ausüben kann. Berufstypisch ist viel eher der Aufenthalt dort, wo Öl gefördert wird.
(17-12-2013, 13:39)p schrieb: Berufstypisch ist viel eher der Aufenthalt dort, wo Öl gefördert wird. Unterhaltsmaximierungsprinip?!
Was für ein schwieriges Wort....
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Eigentlich sollte das Gericht bestrebt sein, dass der Deliquent bei übersteigerter Erwerbsobliegenheit nicht den Einflussbereich selbiger Gesetze verlässt.
Findet der Kollege wirklich einen gut bezahlten Job im Ausland, folgt die Unterhaltspflicht dann den dortigen Gesetzen.
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