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OLG FFM v. 6.3.2013 Barunterhalt geht vor elternvereinbartem Wechselmodell
#8
1. Zur französischen Situation habe ich hier schon was geschrieben incl. Tabellen, Abzug bei häufigem Aufenthalt des Kindes beim anderen Elternteil etc. : http://www.trennungsfaq.com/forum/showth...0#pid98170 - dort weiter zum Thema Frankreich.

2. Subject geändert, siehe http://www.trennungsfaq.com/forum/showth...p?tid=3977 - ist wirklich nicht schwer und macht Urteile überhaupt erst begreifbar - und für andere nutzbar. Zusammengewürfelte Abschnitte helfen oder warnen niemand.

3. Zum Urteil

Was war also? 2011 vereinbaren die beiden verbeamteten (Lehrerin und Polizist, sie verdient mehr wie er) und arbeitenden geschiedenen Eltern notariell, mit dem damals 10 Jahre alten Kind das Wechselmodell zu leben. Weitere Vereinbarungen, wann das Kind bei wem ist und wer was zahlt finden statt, aber nicht notariell. Der Vater zahlt z.B. alle Fahrtkosten.

Die Mutter will nun trotzdem vollen Kindesunterhalt. Der Vater könne gar kein Wechselmodell erfüllen, weil er als Polizist Schichtarbeit machen müsse. Damit kommt sie beim Familiengericht durch, "weil das Kind leicht überwiegend von der Mutter betreut wird".

Das Vater geht ans OLG, legt Listen mit den Zeiten des Kindesaufenthalts bei ihm vor, beruft sich auf die Notarvereinbarung, lehnt die Legitimation der Muter ab, Kindesunterhalt geltend zu machen, sieht sogar eine Grundrechtsverletzung. Selbst wenn das Gericht kein Wechselmodell sehe, müsste "bei einer weit überdurchschnittlichen Umgangsquote Abzüge für die damit verbundenen Kosten aus dem anrechnungsfähigen Einkommen des Antragsgegners vorgenommen werden".

Das OLG fängt zunächst mit Haftungsquoten an, die bei einem Wechselmodell gelten würden - ein schwachsinniger alter Irrweg, den sich mal das OLG Düsseldorf ausgedacht hat, um auch für den Fall eines elterlichen Wechselmodells Anwalts- und Gebührenabzocke kräftig zu maximieren. Business, business, business - sogar noch mit einem zusätzlichen Ergänzungspfleger. Kasse der Talare, klingle!

Dann wird der Rest in Stücke gesägt. Die Notarbereinbarung sei generell für den Mülleimer. Dann die Zeiten des Kindes bei den Eltern: Da konstruiert das Gericht eine höhere Wertigkeit der Mutter, weil sie sich "jederzeit für die Kinderbetreuung zur Verfügung zu halten" habe - der Vater habe ab und zu kurzfristige Dienstplanänderungen. Aussderdem stelle der Obhutsbegriff nicht nur auf Betreuung ab, sondern auch "auf die Deckung weiterer elementaren Lebensbedürfnisse" - die Mutter kaufe z.B. mit dem Mädchen Kleidung. Fazit laut Richter:

"Nach alledem befindet sich das Kind hier in der Obhut der Mutter. Denn ihr Haushalt stellt den verlässlichen Lebensmittelpunkt für das Kind dar, von dem es Freizeitaktivitäten und Treffen mit dem Vater plant. Der Vater übt lediglich ein erweitertes Umgangsrecht aus."

Den folgenden Urteilsabschnitt über das verfälschungserzeugende DIJuF-Gutachten (lalala, ich mach die Welt wie sie mir gefällt.... und die Richter glauben es mir, weil ich DIJuF bin) hat Sorglos schon beschrieben.

Damit ist alles weggebrochen: Die Mutter vertritt das Kind allein, der Vater zahlt alles allein. In einer übermenschlichen Aufwallung von richterlicher Grosszügigkeit gegenüber dem Vater wird er doch tatsächlich eine volle Tabellenstufe tiefer eingruppiert und muss wegen seiner überdurchschnittlichen Kinderbetreuung nicht 345, sondern nur 327 EUR an zu Händen der besser verdienenden Mutter zahlen. Das darf er nun. Nebst Zinsen, rückwirkend, denn fällig wird das ab Unterhaltsforderung Januar 2011. Zahltag! Hoffentlich stirbt das Kind nun nicht Hungers bei so einer brutalen Senkung des Unterhalts.

4. In Frankfurt war man mal fortschrittlich, was sich von ein paar Jahren an den dortigen Gerichten ziemlich radikal ins Gegenteil verkehrt hat. In Frankfurt ist jetzt die Schülergeneration von Salgo & Co der Goethe-Universität an die Macht gekommen. Es verwundert nicht, dass dieses OLG sich so aktiv an der Vergiftung beteiligt, wie sie hier stattfindet.

5. Fazit

Die Schussrichtung der Justiz gegen das Wechselmodell ist schon seit Jahren bekannt, der BGH hat schon kräftige Arbeit in dieser Richtung geleistet, das OLG FFM feuert auch eine Patrone ab. Das Wechselmodell wird einfach Stück für Stück wegdefiniert. Minimale Betreuungsungleichheiten kippen es und wenn keine zeitliche Ungleichheiten zu finden sind, konstruiert man halt Inhaltliche. Dann kippt man alles radikal ins Residenzmodell, dazwischen gibt es nichts.

Positiv ist, was für Blähungen des Wechselmodell bei den Juristen erzeugt. Das ist ein sicheres Zeichen, dass man auf dem richtigen Weg ist. Hier ist etwas, das denen so unangenehm ist, dass es mit allen Mitteln bekämpft wird. Das ist eine Auszeichnung für das Wechselmodell. Auffällig auch, wie sich um das sonst so gerne zitierte Kindeswohl herumwinden, denn das Wechselmodell als kinderfeindlich wegzudrücken geht nicht mehr leicht wie früher. In zu vielen Ländern ist es zur häufig praktizierten Betreuungform geworden und mit dem Befehl der totalen staatlichen Kinderbetreuung in Deutschland wirkt die Kritik am "dauernden Wechsel" nur noch lächerlich.

6. Für uns Väter, die die Chance haben ein Wechselmodell mit den Kindern zu leben bedeutet das, dass sie trotzdem mit Angriffen auf allen Ebenen seitens der Trennungsprofitindustrie zu rechnen haben. Vereinbarungen mit der Mutter kann und sollte man machen, aber die Notargebühren dafür kann man sich sparen. Wenn man über die kranken Definitionstricks a la OLG FFM Bescheid weiss, muss man die umgehen: Bei kurzfristiger Verhinderung das Kind keinesfalls dem anderen Elternteil geben, sondern in Eigenregie von Dritten betreuen lassen. Ausgaben aufschreiben, Ausgaben tätigen die im Streitfall den hohlbirnigen "verlässlichen Lebensmittelpunkt" nicht zum anderen Elternteil weglabern lassen.

Für den Vater vor dem FFM bleibt nun die Frage, ob er mit den hohen Rückstandszahlungen, dem laufenden Unterhalt, den Umgangskosten noch eine so weitgehende Betreuung leisten kann und will. Voller Aufwand plus voller Unterhalt. Gemäss OLG FFM fährt er am Besten, wenn er ausschliesslich Unterhalt zahlt und sich ansonsten so wenig wie möglich an allen Kinderbelangen beteiligt.
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RE: OLG Frankfurt v. 06.03.2013 - 2 UF 394/12 - von blue - 15-06-2013, 16:32
RE: OLG FFM v. 6.3.2013 Barunterhalt geht vor elternvereinbartem Wechselmodell - von p__ - 17-06-2013, 16:26

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