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Neue Unterhaltsleitlinien 1.1.2010 + 1.7.2010 des OLG FFM, neue Selbstbehalte
#2
Die neuen Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Frankfurt sind draussen. Es ist ein ausserplanmässiges Update zum 1.7.2010. Ob Blödheit oder Absicht, jedenfalls sucht man sie auf den www-Seiten des OLG vergebens. Aber hier sind sie: http://www.famrb.de/Unterhalt-Ffm_01072010.pdf

Das Oberkommando der hessischen Familiensenate verkündet: "Für die Zeit ab 01.01.2011 sehen die Familiensenate des OLG Frankfurt am Main eine Erhöhung der im Wesentlichen seit 2005 geltenden Mindestbedarfs- und Selbstbehaltssätze als unumgänglich an und haben deshalb bereits jetzt beschlossen, dass sie beabsichtigen, folgende Neufestsetzungen vorzunehmen" Dann folgen diverse Unterhaltserhöhungen für volljährige Kinder, Einkommensfiktionen und neue Selbstbehalte: 950 € für Erwerbstätige, 800 € für Nichterwerbstätige. In Frankfurt hauen wohl die Unterhaltspflichtigen ab, bei den 350 EUR Warmmiete, die im Selbstbehalt enthalten sind dürfte es nur noch welche geben, die bei Mutti oder einer neuen Frau wohnen. Für dieses Geld kann man vielleicht in Bautzen wohne, aber nicht in Frankfurt.

Entsprechend sehen auch die vielen Änderungen und Erweiterungen aus, der Inhalt klingt irgendwie nach Endzeit. Auf die Leitlinien vom Januar ist noch kräftig eins draufgesetzt worden. Das ganze Kapitel "Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion" ist neu (Kapitel 9), lang und verzweifelt. Erinnert an Renaissancefürsten, denen das Gold für ihre Prunkbauten ausgeht und die in ihrer Verzweiflung Alchemisten machen lassen, um aus Blei Gold zu machen. Überall wird gegraben und gesucht, weitere neue Kapitel sind "Wohnwerte" (Kapitel 5), Elterngeld sei Einkommen von dem Unterhalt bezahlt werden muss, nach dem Geld der neuen Ehefrau wird immer dreister gegriffen (Kapitel 8), Mehrbedarf für Kinder wegen Fremdbetreuung nicht nur für Kindertagesstätte, sondern entgegen dem BGH-Urteil gleich mal auch für Schulhorte (Kapitel 10.3 und 12.4), ein Katalog wie Unterhalt unbefristet kassiert werden kann (15.7), radikaler Durchgriff bei neu Verheirateten (21.5.3), immer ausgefeiltere Mangelfallberechnungen und so weiter.

Das BVerfG-Urteil, das zum Schluss herangezogen wird, um die Behauptung zu rechtfertigen, man wäre auch oberhalb des Mindesunterhalts gesteigert erwerbsobliegen ist übrigens in Wirklichkeit ein Schlag gegen OLGs, die überall Einkommensfiktionen sehen. Zielsicher hat das OLG FFM das einzige Fitzelchen aus dem Urteil herausgezogen, aus dem sich mit einiger Verdrehung ein Nachteil für einen Unterhaltspflichtigen herausdestillieren lässt.

Wer dem Urteil nachgeht, dem fällt auf, dass solche Urteile die eigentlich für Pflichtigen sprechen, in den Leitlinien immer nur als Artikel in der Familienrechtszeitung angegeben sind, während andere, nachteilige Urteile mit Aktenzeichen vermerkt werden. Die kann man sofort nachschlagen, während ansonsten ein Griff zur FamRZ nötig wird. Zum Glück gibts das Inhaltsverzeichnis online. Und siehe da: Es ist das BVerfG-Urteil vom 11.03.2010 Az. 1 BvR 3031/08.

Das OLG FFM war mal fortschrittlich, aber jetzt haben sie es offenbar geschafft, die entsprechenden Juristen der örtlichen Uni zu plazieren, unter denen bekannte Rechtsbeuger lehren.

Die Endzeitstimmung in diesen Machwerken, die sich "Leitlinien" nennen (auch in den Tabellen kommt das deutlich raus) und nun noch fast Buchumfang haben drückt sich darin aus, dass sich die Erweiterungen vorrangig auf Mangelfälle konzentrieren. Die Ergänzungen drehen sich um Mangel. Es geht nur noch um Mangelfallverwaltung und Tricks, um Mangelfälle rechnerisch zu verhindern, um irgendwoher Einkommen zu zaubern - z.B. die ganzen Rechtsfäkalien, die vor Gericht immer mit dem Wörtchen "fiktiv" beginnen.

Eine typische Reaktion, wenn der Jäger nichts mehr zum schiessen findet. Er steigert seine Anstrengungen, legt sich überall auf die Lauer, immer früher, immer aufgeregter. Weil er nix findet, knallt er auch kleine Mäuse ab, obwohl die Munition teurer ist wie die Beute. Sein Thema ist nicht mehr der Hirsch, sondern der Mangel. Hauptsache es hat geknallt.
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RE: Neue Unterhaltsleitlinien 1.1.2010 + 1.7.2010 des OLG FFM, neue Selbstbehalte - von p__ - 19-08-2010, 13:39

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