16-10-2022, 17:15
Amtsgericht Viersen Familiengericht Beschluss
In der Familiensache hat das Amtsgericht Viersen auf die mündliche Verhandlung vom 06.09.2022 durch (Richtername) beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010 unter Az. (gelöscht) als 2. vollstreckbare Teilausfertigung vom 20.01.2020 wird i.H.v. 6.195,44 € für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde mit Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010 unter (Aktenzeichen) zur Zahlung von Kindesunterhalt für (Kindname) ab dem 01.10.2007 verurteilt. Zum damaligen Zeitpunkt bestand eine Beistandschaft des Jugendamtes der Stadt Viersen, die (Kindname) im vorgenannten Verfahren vertrat. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 02.09.2011 erhielt (Kindname) des Antragstellers Unterhaltsvorschuss vom Land NRW vertreten durch die Stadt Viersen i.H.v. 6.195,44 €. Im März 2018 hatte die Beistandschaft einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt. Ab Oktober 2019 pfändete (Kindname) selbst hinsichtlich ihrer Unterhaltsansprüche aus dem Urteil in das Erwerbseinkommen des Antragstellers. Der Antragsgegner ließ sich am 20.01.2020 eine zweite vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilen und betrieb mit Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 03.03.2020 die Zwangsvollstreckung i.H.v. 6.195,44 €. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde am 23.04.2020 erlassen und dem Drittschuldner am 05.05.2020 zugestellt.
Der Antragsteller erhebt die Einrede der Verjährung. Die streitgegenständliche Forderung sei bereits vor Einleitung der Zwangsvollstreckung verjährt, nämlich am 31.12.2014. Es greife die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 197 Abs. 2 BGB; § 207 BGB greife hier zugunsten des Antragsgegners nicht. Sein Schreiben vom 09.01.2022 sei keinesfalls ein Schuldanerkenntnis und habe die Verjährung nicht unterbrechen können, da die Verjährung ja bereits eingetreten sei. Im Übrigen sei sein Vorschlag vom Antragsgegner nicht angenommen worden und habe somit keine rechtliche Relevanz. Soweit sich der Antragsgegner auf eine Rückübertragung der übergegangenen Ansprüche auf (Kindname) berufe, so sei diese Rückübertragung unwirksam mangels Zustimmung des Antragstellers als Mitsorgeberechtigter.
Der Antragsteller beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010, Az. (Aktenzeichen) als 2. vollstreckbare Teilausfertigung vom 20.01.2020 für unzulässig zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Verjährung sei bis zum Eintritt der Volljährigkeit (Kindname) gemäß § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB gehemmt. Im Übrigen sei der Anspruch des Landes NRW bereits im Februar 2007 zurückübertragen worden an das Kind zum Zwecke der Einziehung. Diese Abtretung sei entgegen der BGH-Entscheidung vom 18.03.2020 wirksam, da diese Rechtsprechung auf den zeitlich vorherigen Fall nicht angewendet werden könne. Die Beistandschaft habe in Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen den Anspruch der Unterhaltsvorschusskasse regelmäßig und kontinuierlich verfolgt. Nach Eintritt der Insolvenz auf Seiten des Antragstellers seien nachvollziehbar keine Vollstreckungsversuche mehr erfolgt. Schließlich habe der Antragsteller mit seinem Vergleichsvorschlag bzw. Einigungsversuch vom 09.01.2020 die Verjährung unterbrochen.
II.
Der Vollstreckungsabwehrantrag gemäß § 767 ZPO i.V.m. § 113 FamFG ist zulässig und begründet.
Die streitgegenständliche Forderung i.H.v. 6.195,44 € ist verjährt.
Unterhaltsforderungen unterfallen der dreijährigen Verjährung gemäß § 197 Abs. 2 BGB. Gemäß § 199 beginnt die Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres nach Entstehen des Anspruchs. Die streitgegenständliche Forderung betrifft die an den Antragsgegner übergegangenen Unterhaltsforderungen aus dem Zeitraum vom 01.10.2007 - 02.09.2011. Verjährung Ende ist somit am 31.12.2014 eingetreten. Die Verjährungshemmung gemäß § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a BGB greift nach dem Wortlaut der Bestimmung eindeutig nicht ein. Sie gilt nur im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und (Kindname), nicht jedoch zugunsten des Antragsgegners. Auch eine „Unterbrechung“, richtigerweise eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 BGB ist nicht durch den Vergleichsvorschlag des Antragstellers vom 09.01.2020 eingetreten, da zu diesem Zeitpunkt die Verjährung bereits mehrere Jahre zuvor eingetreten ist. Ob die im Jahr 2007 erfolgte Rückübertragung der Ansprüche des Antragsgegners auf (Kindname) des Antragstellers wirksam ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, da auch die Beistandschaft erst im März 2018 erstmalig die Zwangsvollstreckung betrieben hat, also zu einem Zeitpunkt, in dem bereits die Verjährung eingetreten ist. In wie fern der Anspruch der Unterhaltsvorschusskasse durch die Beistandschaft zuvor regelmäßig und kontinuierlich verfolgt worden ist, hat der Antragsgegner nicht substantiiert dargetan. Der Antragsgegner trägt jedoch die Darlegung-und Beweislast für entsprechende Hemmungstatbestände. Ob entsprechende Hemmungstatbestände im Sinne von § 204 BGB durch die Beistandschaft veranlasst wurden, hat der Antragsgegner jedoch selbst nicht behauptet bzw. dargelegt. Allein möglicherweise etwaige Zahlungs - und Auskunftsaufforderungen genügen insoweit jedoch sowieso nicht. Soweit sich der Antragsgegner auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 24.11.2020 beruft, so hat dies keine Relevanz, da Gegenstand jenes Verfahrens die Frage der Verwirkung und nicht die Frage der Verjährung war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 FamFG, 91 ZPO.
(Richtername) am Amtsgericht
Beglaubigt
In der Familiensache hat das Amtsgericht Viersen auf die mündliche Verhandlung vom 06.09.2022 durch (Richtername) beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010 unter Az. (gelöscht) als 2. vollstreckbare Teilausfertigung vom 20.01.2020 wird i.H.v. 6.195,44 € für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde mit Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010 unter (Aktenzeichen) zur Zahlung von Kindesunterhalt für (Kindname) ab dem 01.10.2007 verurteilt. Zum damaligen Zeitpunkt bestand eine Beistandschaft des Jugendamtes der Stadt Viersen, die (Kindname) im vorgenannten Verfahren vertrat. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 02.09.2011 erhielt (Kindname) des Antragstellers Unterhaltsvorschuss vom Land NRW vertreten durch die Stadt Viersen i.H.v. 6.195,44 €. Im März 2018 hatte die Beistandschaft einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt. Ab Oktober 2019 pfändete (Kindname) selbst hinsichtlich ihrer Unterhaltsansprüche aus dem Urteil in das Erwerbseinkommen des Antragstellers. Der Antragsgegner ließ sich am 20.01.2020 eine zweite vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilen und betrieb mit Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 03.03.2020 die Zwangsvollstreckung i.H.v. 6.195,44 €. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde am 23.04.2020 erlassen und dem Drittschuldner am 05.05.2020 zugestellt.
Der Antragsteller erhebt die Einrede der Verjährung. Die streitgegenständliche Forderung sei bereits vor Einleitung der Zwangsvollstreckung verjährt, nämlich am 31.12.2014. Es greife die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 197 Abs. 2 BGB; § 207 BGB greife hier zugunsten des Antragsgegners nicht. Sein Schreiben vom 09.01.2022 sei keinesfalls ein Schuldanerkenntnis und habe die Verjährung nicht unterbrechen können, da die Verjährung ja bereits eingetreten sei. Im Übrigen sei sein Vorschlag vom Antragsgegner nicht angenommen worden und habe somit keine rechtliche Relevanz. Soweit sich der Antragsgegner auf eine Rückübertragung der übergegangenen Ansprüche auf (Kindname) berufe, so sei diese Rückübertragung unwirksam mangels Zustimmung des Antragstellers als Mitsorgeberechtigter.
Der Antragsteller beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 26.02.2010, Az. (Aktenzeichen) als 2. vollstreckbare Teilausfertigung vom 20.01.2020 für unzulässig zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Verjährung sei bis zum Eintritt der Volljährigkeit (Kindname) gemäß § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB gehemmt. Im Übrigen sei der Anspruch des Landes NRW bereits im Februar 2007 zurückübertragen worden an das Kind zum Zwecke der Einziehung. Diese Abtretung sei entgegen der BGH-Entscheidung vom 18.03.2020 wirksam, da diese Rechtsprechung auf den zeitlich vorherigen Fall nicht angewendet werden könne. Die Beistandschaft habe in Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen den Anspruch der Unterhaltsvorschusskasse regelmäßig und kontinuierlich verfolgt. Nach Eintritt der Insolvenz auf Seiten des Antragstellers seien nachvollziehbar keine Vollstreckungsversuche mehr erfolgt. Schließlich habe der Antragsteller mit seinem Vergleichsvorschlag bzw. Einigungsversuch vom 09.01.2020 die Verjährung unterbrochen.
II.
Der Vollstreckungsabwehrantrag gemäß § 767 ZPO i.V.m. § 113 FamFG ist zulässig und begründet.
Die streitgegenständliche Forderung i.H.v. 6.195,44 € ist verjährt.
Unterhaltsforderungen unterfallen der dreijährigen Verjährung gemäß § 197 Abs. 2 BGB. Gemäß § 199 beginnt die Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres nach Entstehen des Anspruchs. Die streitgegenständliche Forderung betrifft die an den Antragsgegner übergegangenen Unterhaltsforderungen aus dem Zeitraum vom 01.10.2007 - 02.09.2011. Verjährung Ende ist somit am 31.12.2014 eingetreten. Die Verjährungshemmung gemäß § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a BGB greift nach dem Wortlaut der Bestimmung eindeutig nicht ein. Sie gilt nur im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und (Kindname), nicht jedoch zugunsten des Antragsgegners. Auch eine „Unterbrechung“, richtigerweise eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 BGB ist nicht durch den Vergleichsvorschlag des Antragstellers vom 09.01.2020 eingetreten, da zu diesem Zeitpunkt die Verjährung bereits mehrere Jahre zuvor eingetreten ist. Ob die im Jahr 2007 erfolgte Rückübertragung der Ansprüche des Antragsgegners auf (Kindname) des Antragstellers wirksam ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, da auch die Beistandschaft erst im März 2018 erstmalig die Zwangsvollstreckung betrieben hat, also zu einem Zeitpunkt, in dem bereits die Verjährung eingetreten ist. In wie fern der Anspruch der Unterhaltsvorschusskasse durch die Beistandschaft zuvor regelmäßig und kontinuierlich verfolgt worden ist, hat der Antragsgegner nicht substantiiert dargetan. Der Antragsgegner trägt jedoch die Darlegung-und Beweislast für entsprechende Hemmungstatbestände. Ob entsprechende Hemmungstatbestände im Sinne von § 204 BGB durch die Beistandschaft veranlasst wurden, hat der Antragsgegner jedoch selbst nicht behauptet bzw. dargelegt. Allein möglicherweise etwaige Zahlungs - und Auskunftsaufforderungen genügen insoweit jedoch sowieso nicht. Soweit sich der Antragsgegner auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 24.11.2020 beruft, so hat dies keine Relevanz, da Gegenstand jenes Verfahrens die Frage der Verwirkung und nicht die Frage der Verjährung war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 FamFG, 91 ZPO.
(Richtername) am Amtsgericht
Beglaubigt