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Kindesunterhalt beim paritätischen Wechselmodell
#45
Das Ausland ist interessant, aber bringt dir nichts bei deinem Verfahren. In Norwegen beginnen Unterhaltsabzüge zum Beispiel bereits ab zwei Tagen Aufenthalt pro Monat beim anderen Elternteil. Es gibt vier Klassen: 2-3, 4-8, 9-13, und 14-15 Nächte pro Monat. Bei 50:50 zahlt keiner dem Anderen was. Und das machen mittlerweile mehr als ein Drittel der Eltern.

Der Vergleich mit den beiden Kindern, die jeweis beim anderen Elternteil leben zieht nicht. Unterhalt bemisst sich nach §1610 BGB: "Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt)." Dessen Lebensstellung ist bei Minderjährigen abgeleitet von den Eltern. BGB in XII ZR 20/00: Die Lebensstellung des Kindes bestimmt sich grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils.

Es ist also der Begriff der abgeleiteten Lebensstellung, an der die Unterhaltshöhe aufgehängt ist. Genau diese Ableitung misslingt beim Wechselmodell aber. Die Lebensstellung des Kindes kann sich in diesem Fall nicht mal vom Vater, mal von der Mutter ableiten. Würde das der Fall sein, dann müsste auch beim Residenzmodell für die Tage beim anderen Elternteil die Lebensstellungsableitung wechseln, was der BGH ausdrücklich blockiert hat.

Wie in der faq geraten, würde ich schon die Klagebefugnis gem. § 1629 Abs. 2 BGB für Unterhalt anzugreifen. Es gibt dazu auch ein neueres Urteil des BGH vom 12.03.2014, Az. XII ZB 234/13, (siehe Urteilssammlung hier), das als Nebenthema auch die Klagebefugnis anspricht. Hier die Passage:

"Nur wenn die Eltern ihr Kind in der Weise betreuen, dass es in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt (Wechselmodell), lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln. Das hat zur Folge, dass kein Elternteil die Obhut im Sinne von § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB innehat. Dann muss der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführen, der dieses bei der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs vertritt, oder der Elternteil muss beim Familiengericht beantragen, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen"

Ich denke, dass sich die deutsche Justiz streng auf maximale Ausgleichansprüche normiert, nur dies verspricht Gewinne für die Roben und ihre Helfer. Teilweise ist das schon passiert, OLG Düsseldorf sowieso, aber auch OLG Karlsruhe und BGH. Du wirst dagegen nichts auf Grundsatzebene machen können, obwohl diese Grundsätze verlogene, selbst ausgeschwitzte Phantasien sind, die grob gegen die eigenen Definitionen des Rechtswesens verstossen. Was du versuchen kannst, ist über die Höhe zu streiten - Fahrtkosten, Mehrbedarfe, Anzweifeln der Plausibilität.
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RE: Kindesunterhalt beim Wechselmodell - von blue - 07-07-2014, 20:28
RE: Kindesunterhalt beim Wechselmodell - von p__ - 13-07-2014, 19:46
RE: Kindesunterhalt beim Wechselmodell - von the notorious iglu - 04-07-2014, 21:45
RE: Kindesunterhalt beim Wechselmodell - von blue - 06-07-2014, 01:19

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