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Unterhaltsverfolgung künftig EU-weit
#55
OK, dann wollen wir mal:

Zitat:Zum 18. Juni 2011 wird die europäische Unterhaltsverordnung in Kraft treten. Die hierfür erforderlichen Durchführungsbestimmungen finden sich in einem Gesetzentwurf, den die Bundesregierung heute in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat.

Die EU Unterhaltsverordnung ist bereits in Kraft nur haben die Länder Zeit bis Juni 2011 dies in nationale Gesetze umzusetzen. Deutschland ist hier also hinterher.

Zitat:Die in einem halben Jahr in Kraft tretende Unterhaltsverordnung der Europäischen Union ist ab dem 18. Juni 2011 in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht, dass demgemäß in den einzelnen Mitgliedsländern auch nicht mehr durch nationale Gesetze umgesetzt werden muss. Erforderlich sind dagegen in den jeweiligen Mitgliedsstatten noch begleitende Durchführungsbestimmungen. Diese sind für Deutschland in dem nun auf den Gesetzgebungsweg gebrachten Gesetzesentwurf enthalten.

Siehe oben...

Zitat:Die neue europäische Unterhaltsverordnung soll die europaweite Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen erleichtern. Kinder und andere Unterhaltsberechtigte können damit ab Juni 2011 die ihnen zum Unterhalt Verpflichteten europaweit besser aufspüren und zur Zahlung ihrer Unterhaltsschulden veranlassen.

Soll! Aber wo nichts ist, kann auch nichts gepfändet werden, ganz einfach und wer vorbereitet ist, der hat nichts zu befürchten. Es gibt da ne Menge Möglichkeiten. Dazu später...

Zitat:Unterhaltsentscheidungen aus anderen EU-Staaten können ab diesem Zeitpunkt einfacher vollstreckt werden. Bisher müssen ausländische Urteile in einem gesonderten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden, und zwar immer dort, wo vollstreckt werden soll. Künftig entfällt das Zwischenverfahren, und deutsche Unterhaltsurteile können in fast allen EU-Staaten unmittelbar durchgesetzt werden. Beispielsweise kann dann eine deutsche Mutter direkt den französischen Gerichtsvollzieher beauftragen, ein deutsches Unterhaltsurteil für ihr Kind und für sich zu vollstrecken.

Hier lehnt man sich sehr weit aus dem Fenster denn in Frankreich zum Beispiel gibt es keinen Betreuungsunterhalt und dagegen ist auch, weil es neu ist, noch keiner vorgegangen. Und "fiktive" Einkommen gibt es in Frankreich auch nicht.

Zitat:Für die Durchführung richten alle EU-Mitgliedstaaten zentrale Behörden ein, die bei grenzüberschreitenden Unterhaltsstreitigkeiten eng zusammenarbeiten sollen. Benötigen Unterhaltsberechtigte Hilfe, sollen sie sich an die zentrale Anlaufstelle ihres Staates wenden können. So kann diese zentrale Behörde eines Mitgliedstaates etwa helfen, den Aufenthaltsort des Unterhaltsschuldners ausfindig zu machen.

Schwieig wird es in den Ländern, die keine Meldegesetze haben und dies wegen diesem Mist auch nicht tun werden (Grossbritannien, Spanien). Dort kann man selbst mit einer regulären angemeldeten Arbeit nicht so einfach gefunden werden.

Zitat:Finanzielle Hürden werden abgebaut, um die effektive und kostengünstige Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zu ermöglichen. Die zentralen Behörden müssen ihren Personal- und Sachaufwand selbst tragen und dürfen ihn nicht den Unterhaltsberechtigten in Rechnung stellen. Benötigt ein Unterhaltsberechtigter zusätzlich rechtlichen Beistand, kann unter bestimmten Voraussetzungen Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.

Wenn das in Zukunft mal nicht aus dem Ruder läuft. Was ist denn, wenn der/die Unterhalsberechtigte nicht weiss, wo in Europa sich der Schuldner aufhält?. Wollen die an alle Staaten anfragen schicken? Der Aufwand steht in keiner Relation zum Betrag, der eingetrieben werden soll.

Zitat:Der jetzt beschlossene Gesetzentwurf enthält die zur Durchführung der Unterhaltsverordnung erforderlichen Vorschriften. Für Rechtsstreitigkeiten in dieser komplizierten Materie sollen hiernach zukünftig nur wenige spezialisierte Gerichte zuständig sein. Als zentrale Anlaufstelle für europäische Unterhaltsstreitigkeiten ist in Deutschland das Bundesamt für Justiz vorgesehen.

Zum besseren Verständnis zitiere ich mal, was ich dazu einmal aufgesetzt hatte:

Die EU Unterhaltsverordnung, die seit dem 30. Januar 2009 beschlossen wurde, enthält wichtige Kriterien, die in Zukunft gravierende Konflikte innerhalb der EU auslösen könnten. Um ein Beispiel zu nennen wird folgender Absatz zitiert:

Zitat:(22) Um die rasche und wirksame Durchsetzung einer Unterhaltsforderung zu gewährleisten und missbräuchlichen Rechtsmitteln vorzubeugen, sollten in einem Mitgliedstaat ergangene Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich vorläufig vollstreckbar sein. Daher sollte in dieser Verordnung vorgesehen werden, dass das Ursprungsgericht die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklären können sollte, und zwar auch dann, wenn das einzelstaatliche Recht die Vollstreckbarkeit von Rechts wegen nicht vorsieht und auch wenn nach einzelstaatlichem Recht ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt wurde oder noch eingelegt werden könnte.

Den gravierenden Auswirkungen dieses Abschnitts sind sich sicher viele EU Staaten noch nicht bewusst geworden. Um es verständlich zu umschreiben Anhand eines Beispiels:

Eine Mutter mit einem Kind wohnt in Deutschland und hatte im Urlaub in Italien eine kurze Beziehung mit einem Einheimischen, von dem sie nach ihrer erfolgreichen Schwangerschaft und Rückkehr nur noch den Namen und den Wohnort inkl. der Straße weiß. Sie gibt beim Jugendamt den unwissenden Vater an, nach einer Suche wird dieser angeschrieben und sogleich beim deutschen Gericht zum Unterhalt verurteilt weil er sich nach ein paar Wochen nicht gemeldet hat. Die Mutter gibt unter Eidesstatt an, das der Italiener der Vater ist. Dadurch kann ein Säumnissurteil hervorgehen obwohl der Vater weder durch einen Vaterschaftstest noch einer Anhörung genüge getan wurde.
Dieses Urteil ist nun in Italien durch das neue EU Unterhaltsabkommen vollstreckbar, und zwar auch dann, wenn die Vollstreckbarkeit es vielleicht in Italien überhaupt nicht geben würde. Auch würde es in Italien vollstreckbar sein wenn er einen Rechtsbehelf (Widerspruch) eingelegt hat. Würde jetzt noch sein Arbeitgeber ausfindig gemacht oder seine Kontodaten, könnte das Jugendamt oder die Mutter sofort lustig drauf los pfänden weil es das Abkommen gibt. Der Italiener hat somit nicht die geringste Chance sich einer Vollstreckung zu wehren und weiß nicht, was mit ihm geschieht.
Im Extremfall muss eine Mutter mit einem Kind, das wirklich nicht den wirklichen Namen des Vaters in Deutschland kennt, nur in ein Telefonbuch eines anderen Staates schauen und sich ein paar Nummern inkl. der Adresse notieren, ein paar Nachforschungen anstellen, ob dieser auch in ihren „Altersplan“ passt und dann beim deutschen Jugendamt angeben. Sie kann dann bevorzugt touristische Gebiete heraussuchen um der Sache mehr Glaubhaftigkeit zu verleihen. Nach dem Motto: Man kann es ja versuchen, mir kann ja nichts passieren. Wenn’s schief geht, Pech gehabt. Dies hört sich zwar sehr fantasievoll an, aber unmöglich ist es nicht und betroffene Personen, meistens männlicher Natur, hätten viel Ärger bis alles wieder rückgängig gemacht würde, wenn überhaupt. Von den Kosten ganz zu schweigen, denn der ausländische Beklagte muss sich per Anwalt in Deutschland wehren.

Wenn man sich diesen Absatz genau durchliest, enthält er so viel Sprengstoff, dass einige Experten schon den warnenden Finger heben. Es könnte eine wilde Verurteilungswelle innerhalb der EU einsetzen wenn den Gerichten klar wird, das ein im EU Ausland möglicher beklagter Putativvater zum zahlen verurteilt werden kann ohne nachzuprüfen, ob dieser überhaupt der Vater ist oder Einkünfte oder Vermögen hat denn der Rechtsbehelf soll bei einer Vollstreckung ja eben nicht hemmend wirken. Deutschland sollte man deshalb wegen seiner als Weltmeister bekannten Urlauber ganz besonders in die Statistik schauen und überprüfen.
Im Vorteil sind dann wiederum verurteilte Pflichtige, die schon wissen, was auf sie zukommt und daher ihr Vermögen sichern und sich eine Arbeit suchen, die das Existenzminimum nicht überschreitet oder schwarz auszahlen lässt.

Wichtig ist dann der folgende Absatz der EU Unterhaltsverordnung:
Artikel 41
Zitat:Vollstreckungsverfahren und Bedingungen für die Vollstreckung
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung gilt für das Verfahren zur Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, wird dort unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung.

Hier ist jetzt der Artikel, der das größte Schlupfloch in der Verordnung bildet. Es heisst hier nämlich, dass die Vollstreckung im ersuchten Staat dort nur nach
Zitat:dortigen Vollstreckungsgesetzen vollzogen werden kann
. Differenzen gibt es diesbezüglich innerhalb der EU Staaten reichlich und auch gravierend. Wenn man sich diesbezüglich genau informiert, kann man der Vollstreckung hier schon am weitgehendsten vorbeugen.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, einer Vollstreckung durch diese Verordnung zu entgehen. Kurz gefasst, folgende:
- Konto in einem Drittland
- Eröffnung einer Limited Firma
- Drittkonto unter einem anderen Namen
- Internetkonto mit Kreditkarte
- Reine Kreditkarte mit Guthaben
- Barscheckausstellung
- Bei Vollstreckung im Ausland, Arbeitgeber wechseln
- Land wechseln
- Wohnungswechsel innerhalb des Landes bei nichtexistenz der Meldepflicht

Es gibt noch mehr Möglichkeiten, aber diese sind die populärsten. Natürlich sind diese Möglichkeiten auch in Deutschland durchziehbar, aber dort kann innerhalb recht kurzer Zeit der Schuldner wieder aufgefunden werden, was im Ausland aber viel schwerer ist, vor allen Dingen, wenn das Land wieder gewechselt wird, und wenn es nur für einen Monat ist. Dann fängt die Prozedur wieder von vorn an und dauert wieder Monate, wenn nicht, gar Jahre.
Flexible Schuldner können sich auf das alles dementsprechend vorbereiten und somit diese Verordnung leicht unterwandern.
Ein offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber im Ausland bewirkt ebenfalls oft Wunder, denn die kennen sich mit den dortigen Landesgesetzen sehr gut aus und helfen auch gern, wenn der Schuldner sich im dortigen Betrieb unentbehrlich macht. Da kann sehr viel getrickst werden und man hat das Vertrauen auf seiner Seite.
Hier ist der Vorteil bei denjenigen Personen, die wissen, dass Vollstreckungen aus ihrem Heimatland drohen, denn sie können sich vorbereiten. Konto immer bei fast null belassen und Bargeld horten und verstecken sind noch die ersten und leichten Schritte. Konto auf einen vertrauten Bekannten laufen lassen mit Kontoverfügungsgewalt sind die nächsten. Sparkonto im Drittland eröffnen ist ein Schritt, der den Zwangsvollstreckungsversuch aus dem Ursprungsland zusammenbrechen lässt.

Es gibt noch viele weitere Vorsichtsmaßnahmen und sie sind sogar legal und lassen die Verodnung wirklich alt aussehen.


gleichgesinnter
Wenn die Banken für ihre Schulden nicht einstehen, warum sollten Millionen Zahlesel für ihre Unterhaltsschulden bzw. Unterhaltstitel aufkommen?

Zitat von Mus Lim, Montag den 04. Mai 2009 im Trennungsfaqforum
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