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Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind
#12
Ein wenig weit hergeholt, aber in der Sache hilfreich:

Gericht: OLG Hamm 10. Senat für Familiensachen
Entscheidungsdatum: 09.02.2007
Aktenzeichen: 10 UF 126/06

... Die Beklagte trifft auch grundsätzlich die gesteigerte Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB. Sie kann sich dem Unterhaltsanspruch des Klägers insbesondere nicht mit der Begründung entziehen, sie betreue ein ... weiteres Kind aus einer anderen Verbindung (vgl. Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6.Aufl., § 2 Rdnr.166/167 + 315 m.w.N.). Das beim Ehegattenunterhalt geltende Altersphasenmodell, das den Umfang der Erwerbsobliegenheit des ein minderjähriges Kind betreuenden Ehegatten bestimmt, kann beim Minderjährigenunterhalt nicht herangezogen werden. Vielmehr wird in Fällen der Geschwistertrennung, wie sie hier bezüglich der beiden aus der Ehe hervorgegangenen Söhne vorliegt, in Rechtsprechung und Literatur wegen des Gleichrangs aller minderjährigen Kinder eine Beschäftigungspflicht beider Eltern nach den Grundsätzen der sog. Hausmannrechtsprechung verlangt (vgl. BGH FamRZ 2006, 1010, 1013). Dies gilt auch, wenn aus einer neuen Verbindung ebenfalls minderjährige Kinder stammen, wie hier die Tochter Z.


Für die Zeit danach hat der Senat unter Hinweis auf die Vorschrift des § 1615l BGB allerdings bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber der Mutter eines nichtehelichen Kindes durchaus die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit bereits mit Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes zumutet (§ 16I II S. 3 BGB); der Gesetzgeber geht also davon aus, dass selbst die Betreuung eines dreijährigen Kindes mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Betreuenden nicht von vornherein unvereinbar ist (so auch OLG Bremen FamRZ 2005, 647; OLG München FamRZ 2005, 1112). Das Kind kann ab dem 3. Lebensjahr in der Regel ganztags, z.B. in einem Ganztagskindergarten, betreut werden. Auch der (arbeitslose) Zeuge H käme als Betreuungsperson in Betracht; selbst wenn er mit der Beklagten nicht in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben sollte, ist er doch zugleich Vater des Kindes und gehalten, der Beklagten durch - kostenlose - Betreuung des Kindes eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Dafür, dass eine solche ganztägige Fremdbetreuung nicht möglich ist, hat die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nichts vorgetragen.


Die Anleihe an die gesetzliche Regelung in § 1615 l BGB bedeutet jedoch nicht, dass eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit stets mit Vollendung des 3. Lebensjahres, hier also ab September/Oktober 2006, einsetzt. Vielmehr lässt sich der erwähnten Rspr. des BGH (FamRZ 2006, 1362, 1364) entnehmen, dass auch insoweit stets auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Tochter Z noch bis Juli 2005 gestillt hat und - mehr als in sonstigen Fällen - als deren Hauptbezugsperson anzusehen ist. Ebenso wenig kann unberücksichtigt bleiben, dass der Sohn U im September/Oktober 2006 auch erst knapp 14 Jahre alt war. Mag sich, wie die Beklagte im Senatstermin dargelegt hat, seine Betreuungsbedürftigkeit auch reduziert haben, so ist sie doch nicht gänzlich entfallen. Selbst bei Sicherstellung einer - mit geringerem Kostenaufwand verbundenen - Fremdbetreuung für U und einer - ohne Kostenaufwand verbundenen - ganztägigen Fremdbetreuung für Z, ist die verbleibende Betreuung zweier (!) Kinder für die Beklagte noch mit einem solch erheblichen persönlichen Aufwand verbunden, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit nach Ansicht des Senats nicht zumutbar erscheint. Nur eine solche aber würde es der Beklagten ermöglichen, zumindest teilweise Unterhalt an den Kläger zu zahlen. Mit einer Halbtagstätigkeit oder sogar einer 3/4-Stelle würde die Beklagte - einen Stundenlohn von 8,- €, 5% fiktive berufsbedingte Aufwendungen und noch geschätzte 150,- € Betreuungskosten für U zugrunde gelegt - kein über den notwendigen Selbstbehalt von derzeit 890,- € liegendes Einkommen erzielen können, und zwar selbst dann nicht, wenn man ihn wegen Ersparnisse aufgrund des - unterstellten - Zusammenlebens mit dem Zeugen H um 13,5% reduzierten würde.


Allerdings ist davon auszugehen, dass mit Vollendung des 16. Lebensjahres U nicht mehr betreuungsbedürftig sein dürfte, die Betreuung zweier Kinder mithin entfällt; zu diesem Zeitpunkt wird die Tochter Z das 5. Lebensjahr vollendet haben. Von da an wird mit Rücksicht auf die gesteigerte Erwerbsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger eine vollschichtige Erwerbstätigkeit in Betracht zu ziehen sein.

III.


Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
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Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind - von Shalom Aleichem - 19-11-2010, 20:17
RE: Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind - von Shalom Aleichem - 19-11-2010, 20:38
RE: Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind - von Shalom Aleichem - 19-11-2010, 20:50
RE: Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind - von Shalom Aleichem - 19-11-2010, 21:03
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RE: Bedarfsgemeinschaft mit Volljährigem Kind - von Shalom Aleichem - 04-01-2011, 23:00

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