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Ein Fall wie Hunderttausend andere
#3
Das Trennungskind ist volljährig. Die letzten Jahre war der Kontakt schwach, aber beständig. Wie zu einer/m Bekannten, die/den man hin und wieder sieht. Immerhin. Mehr Nähe konnte natürlich nicht entstehen. Irgendeine Erkenntnissuche, wieso sein Leben so verlaufen ist interessieren es nicht und ich werde damit nicht ankommen, das ist alles durch und auch nicht mein Problem. Diese Kinder bleiben vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die persönliche Entwicklung des Kindes lief ziemlich genau so weiter wie ich es erwartet hatte. Es blieb bei allem sehr zurückhaltend, die Verklammerung mit der Mutter prägt seine Persönlichkeit. In der Schule schaffte es gerade noch so das Abitur. Schuld waren wieder mal wie immer Andere, die Lehrer, schlechte Ausstattung, sonstwas. Es hat keine Interessen oder zeigt nichts davon, auch wenig soziale Beziehungen. Ferienjobs oder sonstige Aktivitäten macht es nicht. Nach der Schule machen die meisten Schüler ein soziales Jahr oder grössere Reisen, sammeln Erfahrungen mit der zunehmenden Selbständigkeit. Dieses Kind nicht. Es fing ein Studium an, nahe des Wohnorts (bleibt also im Kinderzimmer der Mutterwohnung), das gewählte Fach nahe am Fach der Mutter. Dieses geisteswissenschaftliche Fach taucht regelmässig in den Top-3 der Studienfächer mit den schlechtesten Berufsaussichten auf, meistens auf Platz 1.

Es bekommt Bafög, die Auskunft dazu habe ich immer brav ausgefüllt. Zweimal fragte es direkt nach Geld in einem Stil, der eindeutig der Mutter zuzuordnen ist. Ich antwortete unter anderem, dass ja nun beide Eltern Auskunft geben müssen die ihnen gegenseitig zugänglich gemacht werden muss um eine Haftungsquote zu errechnen, meine hätte ich schon gegeben, ich würde also als nächsten Schritt die Auskunft des anderen Elternteils erwarten. Das sei einfach, ich hätte das auch schon 15mal gemacht. Daraufhin war Funkstille. Da ich kein eigenes Geld habe, interessieren mich finanzielle Fragen nicht. Es geht mir einfach am Hintern vorbei und so manch anderes auch.

Das Jugendamt fordert in harschem Ton beständig wie eh und je weiter die Rückzahlung der Schulden, die der Unterhaltsvorschusskasse zuzurechnen sind, schickt lange Aufstellung und kündigt Pfändungen an. Passieren tut nicht viel, ich habe mit einfachen Mitteln schon vor vielen Jahren vorgesorgt, so dass jeder an mir die Lust verloren hat. Diese Schulden bleiben natürlich, Rechtspflege und Politik haben mit den Jahren ausnahmslos alle Ausgänge zugemauert, Insolvenz, Verjährung, Verwirkung bewirken nichts mehr. Um so besser, ich verzichte gerne auf Rückwege in die Plantage. Das amüsiert mich schon lange und sehe es als Erfolg, dass diese Figuren auf ihren vielen Rechten sitzen die sie sich selber genehmigt haben, mit ihren massenhaften Papieren, perfekten Durchleuchtungs- und Durchschnüffelungsmöglichkeiten, mit den ständige Unterhaltserhöhungen, Ausweitungen, Erweiterungen: Aber sie bekommen einfach nichts, absolut nichts ausser Arbeit und weitere Ausgaben. Die direkten Unterhaltsschulden sind dabei das kleinste Minus geblieben. Die verursachten Opportunitätskosten liegen hundertmal so hoch und die Auswirkungen aufgrund der Vielzahl einer teilweise intensiven Beratung anderer Väter erreichen gute zweistellige Millionenbeträge. Als Trennungsvater aktiv zu bleiben, hatte am meisten Auswirkungen auf die finanziellen Folgen. Menschlich oder gesellschaftlich war nichts zu bewirken. Noch nicht einmal das gemeinsame Sorgerecht existiert mittlerweile für Väter ohne Trauschein wenns Mutti nicht passt, fast so wie am Anfang meiner Vaterschaft vor fast zwei Jahrzehnten. Dafür zeigen sich die vorhergesagten Abstiegs- und Auflösungserscheinungen in der Gesellschaft immer deutlicher. Das Land fliegt auf vielen Ebenen auseinander und meine alte Prophezeiung, dass es schneller zerbricht wie einen Schritt zu einem menschenwürdigen Familienrecht schafft wird täglich realistischer.

Mir geht es derweil sehr gut. Meine Nicht-Trennungskinder entwickeln sich normal, ich ziehe sie auf, erlebe Vaterschaft und Elternsein mit ihnen. Ich habe das Selbstversorgerdasein ausgebaut, betreibe ein damit verbundenes erfüllendes Hobby das auch finanziell seine Vorteile hat, mit offizieller Erwerbsarbeit gebe ich mich nicht ab, da lasse ich starken Frauen gerne den Vortritt. Das ist ein ganz vorzüglicher Platz, den ich nur weiterempfehlen kann. Man kann sagen, dass diese eine strittige Trennungsvaterschaft mein Leben dauerhaft um 180° gedreht hat. Nichts davon würde ich ab Trennung in der Rückschau grundlegend anders machen.

Ein paar Sachen bis zur Trennung aber auf jeden Fall. Eine Vasektomie. Ein Auswanderungsversuch, den ich weit betrieben aber wegen der Ankündigung des ersten Kindes nicht weiter verfolgt habe, den hätte ich unbedingt durchziehen sollen. Erstaunlich viele meiner Freunde und Studienkollegen sind ausgewandert, waren damit ausnahmslos überaus erfolgreich, so dass der Eindruck entsteht, nur blinde Dumme bleiben da, zu denen ich dann wohl auch gehörte. Ein Verhalten praktizieren, das sich an dem orientiert war richtig ist und nicht daran, was legal ist, denn das ist fast disjunkt geworden und am Ende war ich immer derjenige, der mittels dieser angeblichen Legalität beschissen wurde.
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Ein Fall wie Hunderttausend andere - von p__ - 23-12-2009, 17:08
RE: Ein Fall wie Hunderttausend andere - von p__ - 22-10-2021, 22:41

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