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BGH 11/2014 i. XII ZB 599/13: Barunterhalt auch bei Wechselmodell
#1
An und für sich nix Neues.
Vater betreut seine Kinder fast hälftig und will keinen Barunterhalt mehr leisten. Beruflich gestrandet,
ein Mangelfall.
Die Gerichte stellen fest: Bei einem Wechselmodell sind beide Eltern barunterhaltspflichtig.
Zwar haben die unteren Instanzen vergessen, für ein WM auch die Einkünfte der Mutter zu ermitteln und
halten sich vor allem an den Kläger, aber der betreut ja sowieso nicht wirklich zur Hälfte.
Der Vater wird jedenfalls dazu verurteilt, weiterhin auch Barunterhalt zu leisten.
Die Begründung finde ich allerdings putzig. Bei einem Wechselmodell sind beide Eltern barunterhaltspflichtig. Auf den Zeitanteil
bei der Betreuung in Bezug auf das Wechselmodell käme es gar nicht so sehr an.
Würde bei dem Vater die Barunterhaltspflicht entfallen, dann würde das Kind ja nur noch Betreuungsunterhalt erhalten und das geht ja
mal gar nicht. In diesem Fall wird die Mutter eben "keine" barunterhaltspflichtige Verwandete.
Randziffer 26 aus diesem Beschluß ist dazu sehr aufschlußreich.

[Link eingefügt]
http://tinyurl.com/l8k3yxh
"Du Mama. Wenn Papa tot ist kauf ich mir meinen eigenen Ponyhof!" - CosmosDirect Lebensversicherung, 2007

Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Vater
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#2
Man hält also an dem typischen Geschwurbel fest, um ja nicht den Vater aus der Unterhaltsleistung zu entlassen. Der Staat muss eine Heidenangst vor dem Residenzmodell haben und den Fällen, in denen er mit Sozialleistungen einspringen müsste. Dann lieber abwälzen....

Da begründet das BGH in b) sogar, dass sich ja im Falle des Wechselmodells sogar noch die Wohn- und Fahrtkosten als Mehrbedarf bemerkbar machen. Hier wird es bestätigt, was andere - wie z.B. Jobcenter - abzuwiegeln versuchen.

Und nun kommt das Argument aus Kautschuk unter c) : Die tatrichterliche Würdigung. Der zeitlichen Komponente kommt nur noch eine Indizwirkung zu. Weiterhin kann also jeder Richter hier machen was er will.

Und den Kasus Knacksus finden wir unter "Gründe": I. 1. : Die Antragstellerin macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse KU .... geltend.
Und um genau dieses Problem auszuschalten, wird auf den Vater zurück gegriffen, notfalls mit fiktivem Einkommen. Wird ja später noch erwähnt....

Denn unter Punkt 3 finden wir:
..... den klassischen Fall: Der Antragsteller war mal Wirtschaftsberater und Versicherungsmakler. Jetzt ist er pleite und insolvent, der Schlingel. Warum wohl? Im Rahmen der Trennung geplättet. Als Insolventer darf er diesen Beruf nicht mehr ausüben....Aber so gehts ja nun gar nicht!

Nun betreut er in 6 von 14 Tagen. Könnte bei einer derzeitigen 30 Stunden-Woche und 1200 netto durchaus hälftig betreuen. Soll er aber gar nicht!
Ausgeplündert ist er zur Gänze. Ein Auto hat er nicht mehr, denn sonst würde man ihm nicht großzügig unter Punkt 10 die Kosten einer Bus-Monatskarte abziehen. Vielen Dank!

Unter Punkt 20 gehts dann weiter: Denn das deutliche Schwergewicht der Betreuung liegt ja hier immer noch bei einem Elternteil! 53% sind schon wirklich ein deutliches Schwergewicht!

Und damit man es nicht vergisst, wiederholt man sich. Sozusagen für die Blöden:
Punkt 21: Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 BGB durch Erziehunng und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung....Aha.

Unter 26 findet sich dann die Unverschämtheit schlechthin, die ja ständig praktiziert wird: Zwar hat das OLG keine Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Mutter getroffen. Es ist aber davon ausgegangen, dass auf Seiten des Antragsgegners die gesteigerte Unterhaltspflicht eingreift....

Genau! Man geht eben einfach mal davon aus. Frei nach Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt!

Natürlich kommt die Erwähnung des fiktiven Einkommens nicht zu kurz. Wäre doch schön, wenn er bißchen mehr arbeiten geht! Hat man auch gleich festgestellt! Montag und Dienstag vormittag gehts noch! Da findet sich bestimmt was!
Dann nervt er auch nicht mehr wegen des Wechselmodells rum und kommt sowieso nicht mehr auf 50%.

Man kann gar nicht genügend fr.... wie man ko..... möchte.
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#3
(12-01-2015, 15:36)Nappo schrieb: Und nun kommt das Argument aus Kautschuk unter c) : Die tatrichterliche Würdigung. Der zeitlichen Komponente kommt nur noch eine Indizwirkung zu. Weiterhin kann also jeder Richter hier machen was er will.
Nicht ganz! Es werden schon noch gute Argumente gebracht, warum das Gericht "das weitere" Umfeld betrachtet.

Folgendes hat mich dann doch zum Nachdenken gebracht:
Die Annahme eines Wechselmodells habe nämlich zur Folge, dass kein Elternteil
das Kind mehr im Sinn von § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in Obhut habe und zur Geltendmachung des
Kindesunterhalts ein Pfleger bestellt werden müsste.
Auch der Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen sei dann nicht möglich,
außerdem seien Schwierigkeiten bei der Bezugsberechtigung für das Kindergeld zu erwarten.


Ein wirkliches Wechselmodell ist (Anno-dazumal) niemals vorgesehen gewesen.
Daher ist es nicht so einfach, dieses nun durchgehen zu lassen.
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#4
Wo wir gerade beim Hr. Rixe sind:

In aktuellen Entscheidungen des Amtsgerichts Erfurt vom 01.10.2014 – 36 F 1663/13 – und des Amtsgerichts Heidelberg vom 19.08.2014 – 31 F 15/14 – wird ein Wechselmodell gegen den Willen des mütterlichen Elternteils als Umgangsregelung angeordnet bzw. aufrechterhalten.

http://www.baltesundrixe.de/aktuelles/fa...recht.html
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#5
Kammergericht Berlin, Az. 13 UF 89/2016, Beschluss vom 15. April 2019.
Volltext: http://www.gerichtsentscheidungen.berlin...focuspoint

Der Leitsatz reicht eigentlich schon:

1. Bei einer Betreuung des gemeinsamen Kindes durch beide Elternteile im Verhältnis von 45% zu 55% kann von einem unterhaltsrechtlichen paritätischen Wechselmodell, bei dem beide Elternteile quotal für den Unterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben, noch keine Rede sein.
2. Der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sorge- und Umgangssachen (Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15, BGHZ 214, 31) anerkannte Grundsatz, dass ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht, kann vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element herangezogen werden, um die Frage zu entscheiden, ob ein spezifisches, von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann: Denn ohne eine gewisse Basis bei der Kommunikation und Kooperation der Eltern ist es auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht vorstellbar, wie die Eltern in der Lage sein wollen, die mit zunehmenden Alter des Kindes immer wichtiger werdenden organisatorischen Aspekte der Kinderbetreuung im Wechselmodell wahrzunehmen.
3. Zur Frage, ob der vom pflichtigen Elternteil geschuldete Barunterhalt zu mindern ist, weil der betreffende Elternteil für das unterhaltsberechtigte Kind regelmäßig Bekleidung kauft, Reisen finanziert oder sonstige Ausgaben bestreitet.


Es gibt keine Kommunikation mehr zwischen den Eltern, die Mutter will 273 € Kindesunterhalt. Der Vater bestreitet das Recht der Mutter, überhaupt Unterhalt im Namen des Kindes zu fordern. Er scheitert.
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#6
Da weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Jedenfalls nicht noch zusätzlich den kostenlosen Babysitter spielen! Wegen Kindeswohl und so, ist klar. Mama kein Geld bekommen bei 55%? Kann nicht sein; arme, arme Mama. Papa kein Geld bei 45% bezahlen? Kann nicht sein; böser, böser Papa. Wie ist nochmal das Verhätlnis der Suizide zwischen Vätern und Müttern nach Trennung und Scheidung?  Sad Was das Kindeswohl damit zu tun hat? Keine Ahnung...

VM Cool
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