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OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung
#60
Ich stell jetzt mal (anonymisiert) den Beschluss des OLG/Zivilsenat rein, worin mir Pozesskostenhilfe mit folgender Begründung verweigert wurde.

Zitatanfang

Aktenzeichen: 4 WF 88/05
404 F 3298/04

Beschluss des Einzelrichters des 4. Zivilsenates – zugleich Familiensenat – des Oberlandesgerichtes München, Zivilsenate in Augsburg vom 17.März 2005 in der Familiensache
Camper, Waldstr. 4, 000000 Fuchsdorf
-Kläger, Beschwerdeführer und Gesuchsteller -
Prozessbebevollmächtigte: Rechtsanwälte Jäger u. Koll. ,Grasstr. 42, 00000 Prinzhausen
gegen
1. Campertochterkind 2, geb. am 00.00.91
2. Campertochterkind 1. geb. am 00.00.87
beide gesetzlich vertreten durch die Mutter Camperexfrau, Flachstraße 71, 00000 Plumpsdorf
- Beklagte und Beschwerdegegner –
Prozessbevollmächtigte zu 1) 2): Rechtsanwälte Fritz Unersättlich u. Koll., Klangstr. 4, 000000 Fuchsdorf

wegen Unterhalts;

hier: Prozesskostenhilfe
Der sofortigen Beschwerde des Gesuchstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichtes Fuchsdorf vom 12. Januar 2005 wird zurückgewiesen

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht dem Gesuchsteller Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO für die Vereinbarung vom 25.3.2003 vor dem Oberlandesgericht Löwendorf (4 UF 427/02) versagt, da der Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt. (§ 114 ZPO)
1. Prozesskostenhilfe ist für die Zeit vor dem 18.10.2004 schon deshalb nicht zu gewähren, da durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichtes Fuchsdorf vom 18.10.2004 (2 IK 1042/04) im Hinblick auf den § 240 ZPO, falls es zu einem Hauptsacheverfahren

kommen würde, das Verfahren unterbrochen wäre (OLG FamRZ 2003, 109 Soweit es um Unterhaltsansprüche nach dem 18.10.2004 geht, kann über künftige Unterhaltsansprüche ein Verfahren stattfinden (OLG Koblenz, a.a.O.)

2.) Der Gesuchsteller stützt seine Abänderungsklage auf eine nach der Vereinbarung eingetretene Leistungsunfähigkeit (§§ 313, 1603 BGB). Der Gesuchsteller ist aber für den gesamten Zeitraum leistungsfähig, das gilt sowohl für die Zeit, in der die beiden Beklagten minderjährig sind, als auch für den Zeitraum, in dem die Beklagte Campertochterkind 1 volljährig geworden ist. (am 00.00.2005)

Den Gesuchsteller trifft die Beweislast dafür, dass er für den Unterhalt in Höhe von 100 % für die minerjährigen Beklagten nicht leistungsfähig ist (BGH, FamRZ 02, 536). Diesen Nachweis hat er nicht geführt.
a) Jahr 2003:

Der Gesuchsteller verfügt über ein Nettoeinkommen durchschnittlich in Höhe von 1.758 € monatlich aus seiner Arbeitstätigkeit. (21.099 Euro : 12) Hinzuzusetzen ist das Krankengeld im Zeitraum vom 06.09.2003 bis zum 11.10.2003 mit 138 Euro (47,28 Euro x 35 : 12) Damit ergibt sich insgesamt ein anrechenbares Einkommen von 1.896 Euro.
Abzuziehen sind lediglich Fahrtkosten. Weitere Abzüge können unterhaltsrechtlich nicht gemacht werden.

aa) Bei den Fahrkosten handelt es sich um berufsbedingte Aufwendungen, die prinzipiell abzugsfähig sind. Für das Jahr 2003 können zugunsten des Gesuchstellers die Ausgaben für die Fahrtkosten mit 456 Euro monatlich zugrunde gelegt werden. Tatsächlich sind diese Fahrtkosten geringer anzusetzen (vgl. unten). Da die Leistungsfähigkeit des Gesuchstellers aber trotzdem gegeben ist, können die von Ihm selbst geltend gemachten Kosten abgesetzt werden.

bb) Den Gesuchsteller trifft für seine Leistungsungsunfähigkeit oder teilweise Leistungsunfähigkeit die Beweislast, wenn er Abzüge von seinem Einkommen geltend macht. (BGH, FamRZ 81, 347; insbesondere FamRZ 90, 283). Die Fahrten zum Arzt/ins Krankenhaus in Höhe von 70 Euro kann der Gesuchsteller nicht abziehen, da sie nicht nachgewiesen sind. Der vom Gesuchsteller selbst erstellte Fahrtenbericht ist kein Nachweis für den tatsächlichen Anfall der von ihm im hohen Umfang geltend gemachten Fahrten zu den Ärzten und zum Krankenhaus.

Auch die Genesungskosten in Höhe von 221 Euro monatlich sind nicht abzugsfähig. Es fehlt an einem Nachweis für eine Heilmaßnahme im engeren Sinne. Die ärztlichen Atteste sind hierfür nicht ausreichend. Es handelt sich, zumindest dem äußeren Anschein nach, um zwei relativ kurze Urlaube in Italien (29.05.2004 bis 06.06.2004 und 21.8.2004 bis (7.9.2004). Dass diese Urlaube krankheitsbedingt für die Genesung oder ähnliche

Maßnahmen notwendig waren, ist nicht nachgewiesen. Etwas anderes wer es gewesen, wenn der Gesuchsteller Kuren oder sonstige Heilbehandlungsmaßnahmen nachgewiesen hätte. Dies ist nicht der Fall. Er setzt vielmehr Fahrtkosten und Unterbringungskosten an, die auch bei einer normalen Urlaubsreise angefallen wären.

Auch eine Kompensation, indem dem Gesuchsteller nur das Einkommen bei einer 30-Arbeitsstundenwoche anzurechnen , scheidet an. Tatsächlich war der Gesuchsteller in der Lage, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten. Er hat entsprechendes Einkommen erzielt.

cc) Beim Alter der beiden Beklagten bis zum 00.00.2005 beträgt der Unterhalt von 100 % nach der Regelbetragverordnung insgesamt 568 Euro (2 x 284 Euro) Beide Kinder sind in die 3. Altersttufe einzuordnen. Zieht man vom verfügbaren Einkommen von 1896 Euro 456 Euro an Fahrtkosten ab und den notwendigen Selbstbehalt des Gesuchstellers mit 840 € verbleiben 600 Euro. Für den Unterhalt mit 568 Euro monatlich ist der Gesuchsteller damit leistungsfähig.

b) Jahr 2004:
Hier ergibt sich zwar ein durchschnittlich niedrigeres Einkommen. Dies ist aber unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen.
a) Das Einkommen für das gesamte Jahr 2004 insbesondere den Monat Dezember 2004 ist nicht nachgewiesen. Der Dezember 2004 ist gehaltsmäßig nicht belegt.

Aus den Abrechnungen einschließlich Novenber 2004 ergibt sich ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Gesuchstellers in Höhe von 1.526 Euro monatlich.

Hiervon kann er an Fahrtkosten 356,40 Euro abziehen. Die Fahrtstrecke beträgt rund 33 km (Shell-Atlas-Routenplaner, Wegstrecke Fuchsdorf – Pechstatt, 32, 8 km). Die tatsächliche Wegstrecke beträgt damit für die Hin- und Rückfahrt 66 km x durchschnittlich 20 Tage x 0,27 Euro pro Kilometer (Süddeutsche Leitlinien, Stand 1.7.2003, 10.2.2) Ein höherer Satz pro Kilometer ist nicht gerechtfertigt, da nach den Leitlinien bei einer größeren Entfernung auch eine geringere Pauschale angesetzt werden kann. Das ergibt 356,40 Euro monatlich an absetzbaren Fahrtkosten. Zieht man von 1526 Euro die Fahrtkosten ab, so verbleiben 1.170 Euro.

Bei Wahrung des Selbstbehaltes des Gesuchstellers mit 840 Euro verbleiben 330 Euro. Damit ist festzustellen, dass der Gesuchsteller nach der Volljährigkeit des älteren Kindes auf jeden Fall für den Unterhalt des minerjährigen Kindes in vollem Umfang leistungsfähig ist.

Allerdings ist die Reduzierung des Einkommens des Gesuchstellers unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen. Ihn trifft eine verschärfte Haftung nach § 1603 II BGB. Der Gesuchsteller trägt selbst vor, dass er im Jahr 2004 seine Arbeitsfähigkeit wieder (aus welchen Gründen auch immer) auf 40 Stunden pro Woche ausgedehnt hat. Dies zeigt, dass der Gesuchsteller hierzu in der Lage ist und auch tatsächlich während des Jahres 2004 ein höheres Einkommen als das durchschnittliche erzielt hat. Damit verbleibt es bei der Einkommensberechnung wie im Jahr 2003. Weitere Abzüge als die berufsbedingten Aufwendungen für die Fahrten zur Arbeitsstätte kann er nicht machen. Die Leistungsfähigkeit ist damit gegeben.

c) Jahr 2005:
Das Einkommen im Jahr 2005 hat der Gesuchsteller nicht nachgewiesen. Dies geht zu seinen Lasten. Er trägt selbst vor, dass die eine vorgelegte Lohnabrechnung für Januar 2005 nicht repräsentativ ist, da eine falsche Berechnung vorgenommen wurde.

Er selbst geht von einem Einkommen in Höhe von 1.724 netto im Monat aus. Nachdem aber Lohn- und Gehaltsabrechnungen fehlen, kann diese nicht zugrunde gelegt werden. Zumal sich aus den Einkommensberechnungen Ende 2004 ein Nettoeinkommen von 1812 Euro erschließen lässt. An nachweisen für das Jahr 2005 fehlt es bisher, wie gesagt.

Legt man das Einkommen, wie es der Gesuchsteller bei einer 40-Stunden-Woche im Jahr 2004 erzielt hat, zugrunde, so ist er für den Unterhalt beider Beklagter leistungsfähig, nach folgender Rechnung:
1812 Euro netto pro Monat abzüglich Fahrtkosten mit 356 Euro monatlich verbleiben 1.456 Euro. Zieht man hiervon den Unterhalt ab, dann verbleiben 888 Euro. Der Selbstbehalt von 840 Euro ist gewahrt.
Der Gesuchsteller hat nicht vorgetragen, dass er im Jahr 2005 weniger verdienen wird, als bei einer 40 – Stunden – Woche im Jahr 2004

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei einem Nettoeinkommen von 1.724 Euro pro Monat, das zu niedrig liegt, der Selbstbehalt des Gesuchstellers nur um 40 Euro unterschritten würde.

Darauf kommt es aber nicht an (1.724 Euro ./. 356 Euro ./. 568 Euro).

Wuschel

Richter am Oberlandesgericht/vo

Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift Oberlandesgericht

Löwendorf, Zivilsenate Fuchsdorf den 23. März 2005

Tippse, Justizangestellte

Urkundsbeamtin der Geschätsstelle

Zitatende

Das erstinstanzliche Aktenzeichen findet man hier unter dem Beitrag # 41

lg

Camper

Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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RE: OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung - von Camper1955 - 10-01-2012, 13:26

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