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OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung
#9
Hier die Revisionsbegründung

In diesem Text wurden nur Namen und persönliche Daten durch XXXX ersetzt, auch die Formatierung dürfte nicht ganz stimmen, aber aber ansonsten ist jede einzelne Zahl, jeder Buchstabe wörtlich wieder gegeben.

Zitatanfang:
ZU AKTENZEICHEN 4 Ns 101 Js 115166/08

Revisionsbegründung


In der Strafsache gegen
XXXXXXXXX

wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

darf ich Bezug nehmen auf den hier geführten Rechtsmittelschriftsatz (Revisionseinlegung) vom 03.09.2009 zum Landgericht Augsburg und darf im Anschluss daran

beantragen

was folgt:

I. Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 01.09.2009, verkündet unter dem Geschäftszeichen 4 Ns 101 Js 115166/08, wird aufgehoben

II. Die Sache wird an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen

Ich rüge die Verletzung sachlichen Rechts.
Insbesondere, aber nicht abschließend, rüge ich wie folgt:

I)

In seinen Urteilsgründen (Seite 3) führt das Berufungsgericht wie folgt aus:

„In dem am 18.10.2004 gegen den Angeklagten eröffneten Verbraucherinsolenzverfahren wurden die bis dahin aufgelaufenen Unterhalts-rückstände zur Insolvenztabelle angemeldet. „

Hierzu darf zunächst folgendes festgestellt werden:

Es fehlen vorliegend zunächst gänzlich Ausführungen, welche Auswirkungen das (offensicht-lich) eröffnete Insolvenzverfahren für den Angeklagten hat.

Arbeitseinkommen und auch sonstige Einkünfte, welche nach Eröffnung des Insolvenzver-fahrens bezogen werden, sind grundsätzlich dem Zufluss der Insolvenzmasse unterstellt (vgl. Wimmer, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 196 RN 8).

Ein pfändbares Einkommen unterliegt daher der Insolvenzverwaltung.

Der hier maßgebliche Tatzeitraum, das Berufungsgericht hält eine Leistungsfähigkeit min-destens im Zeitraum vom 01.05.2006 bis 31.10.2006, 01.01.2007 bis 30.07.2007 und seit 18.07.2008 jedenfalls teilweise für gegeben, liegt nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des In-solvenzverfahrens aber noch im Zeitrahmen der so genannten Wohlverhaltensperiode.

Insoweit hätte es zu den zwingenden Ausführungen des Berufungsgerichts gehört, mitzutei-len, in wie weit das zur Leistungsfähigkeit herangezogene Einkommen überhaupt vor dem Hintergrund der Bestimmungen des Insolvenzrechts dem Angeklagten zur Verfügung ge-standen hätte.

II)

Das Landgericht Augsburg führt in seinem Urteil vom 01.09.2009 (auszugsweise) wie folgt aus (vgl. Seite 3 der Urteilsgründe):

„Mit Vergleich vom 25.03.2003 verpflichtete er sich zur sofortigen Zahlung des laufenden Unterhalts ab 01.01.2003 und Tilgung der Unterhaltsrückstände seit 01.01.2001, zahlte aber weiterhin nicht.“

Seite 4 der Urteilsgründe führt das Landgericht Augsburg weiterhin wie folgt aus:

„(…) Der Angeklagte ist als Vater des Kindes XXXXX, geboren am XXXX, das bei der Mutter in der XXXXX in XXXXXX lebt, gesetz-lich zum Unterhalt verpflichtet. Der Unterhalt beträgt nach dem Vergleich vom 25.03.2003 monatlich 300,00 €.“


Insoweit muss ganz grundsätzlich darauf hingewiesen werden, dass Zivilurteile den Strafrich-ter nicht binden, wenn es um die Frag geht, ob eine Unterhaltspflichtverletzung zu bejahen ist (vgl. Tröndle/Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, § 170 RN 5). Erst recht gilt dies natürlich für abgeschlossene Vergleiche.

Wenn das Berufungsgericht insoweit ausführt, dass der Unterhalt nach dem Vergleich vom 25.03.2003 monatlich 300,00 € betrage, so ist dies zu rügen und es liegt ein materieller Rechtsverstoß vor. Das Berufungsgericht hat eine etwaige bestehende Unterhaltsverpflich-tung selbst festzustellen, dies gilt für Grund und Höhe. Hier hat das Berufungsgericht ersicht-lich nur auf den Vergleich zurückgegriffen und damit einhergehend die Unterhaltsverpflich-tung dem Grunde wie auch der Höhe nach, bejaht.

III)

Das Berufungsgericht führt auf Seite 5 der Urteilsgründe weiterhin wie folgt aus:

„Soweit der Angeklagte geltend macht, die Unterhaltsberechtigte sei bereits in minderjährigem Alter mit Zustimmung ihrer Mutter verlobt und pendele zwi-schen dem Haushalt ihrer Mutter und dem ihres Verlobten, den er plötzlich kennen gelernt habe und der als Zeitarbeiter 1.200,00 € bis 1.500,00 € monat-lich verdiene, ist dies nicht verfahrensrelevant. Aufgrund eines Verlöbnisses besteht keine anderweitige, der des Angeklagten vorgehende Unterhaltspflicht (…)“

Auch diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Richtig ist, dass ein Verlöbnis nicht geeignet ist eine vorgehende Unterhaltsverpflichtung zu begründen.

Soweit jedenfalls seitens der Tochter Haushaltsführungen zugunsten des Verlobten erfolgte, ist hier insoweit ein fiktives Haushaltsführungseinkommen anzusetzen. Aus Ziffer 6 der Süd-deutschen Leitlinien darf insoweit Bezug genommen werden. Dieses Einkommen kann im Einzelfall mit bis zu 550,00 € in Ansatz gebracht werden. Mithin würde bei der Ansetzung ei-nes derartigen fiktiven Einkommens die Bedürftigkeit der Tochter des Angeklagten gänzlich entfallen.

IV)

Im Rahmen der Strafzumessung führt das Berufungsgericht wie folgt aus:

„(…) Gegen ihn spricht die Hartnäckigkeit und Uneinsichtigkeit, mit der er jeg-liche auch nur teilweise Unterhaltszahlungen verweigert hat und für die Zukunft verweigert, und der insgesamt lange Zeitraum jedenfalls bestehender Leistungsfähigkeit.“

Das Gericht unterstellt hier also, dass auch mit Blick in die Zukunft gerichtet nach Urteilsver-kündung eine Unterhaltsverpflichtung des Angeklagten besteht.

Weitergehende Feststellungen diesbezüglich werden jedoch von Seiten des Gerichts nicht getroffen.

Hier darf darauf hingewiesen werden, dass zum einen mit Vollendung des 18. Lebensjahres der Tochter des Angeklagten eine wechselseitige Barunterhaltsverpflichtung beider Elternteile besteht. Ob und in wie weit der Angeklagte insoweit überhaupt noch zum Unterhalt ver-pflichtet ist, diesbezüglich fehlen Feststellungen völlig. Dies betrifft auch das bereits in der Verhandlung geltend gemachte Gegenseitigkeitsprinzip, wonach eine Verletzung hier eine Unterhaltsverpflichtung entfallen lassen würde.

Viel wichtiger ist aber, dass ausweislich der Urteilsgründe (dort Seite 4) die Tochter des An-geklagten seit dem 01.05.2009 einen 400 Euro Job hat. Dieser ist ebenso voll bedarfsde-ckend anzurechnen, wie das Kindergeld in Höhe von 164,00 €. Auch die aktuelle Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs darf insoweit Bezug genommen werden.

Vor diesem Hintergrund ist bereits ein Barbedarf in Höhe von 564,00 € gedeckt. (Einkünfte 400,00 € zuzüglich 164,00 € Kindergeld). Vor dem Hintergrund der Einkommenssituation beider Elternteile ist daher nach Aktenlage ein Bedarf nicht mehr gegeben.

Soweit das Gericht insoweit strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte für die Zu-kunft Unterhaltszahlungen verweigern würde, ist dies unzulässig.

Jedenfalls hätte es weitergehender Feststellung bedurft, warum hier, trotz des erheblichen bedarfsdeckenden Einkommens, ausnahmsweise ein doch darüber hinausgehender Unter-haltsanspruch bei der Tochter verblieben sein soll.

Aus genannten Gründen bitten wir antragsgemäß zu entscheiden.




Marcus Becker
Rechtsanwalt

Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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RE: OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung - von Camper1955 - 17-02-2011, 21:09

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