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OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung
Bleiben wir doch bei der Unterhaltspflichtverletzungsgeschichte statt Urlaubsplänen. Ein Wiederaufnahmeantrag ist keine Neuverhandlung aufgrund bereits bekannt gewordenen Tatsachen (das wäre Aufgabe einer Revision gewesen), er benötigt andere Voraussetzungen. Dazu aus dem Wiederaufnahmeantrag:

Anwalt im Wiederaufnahmeantrag schrieb:Der Wiederaufnahmeantrag wird gestützt auf §359 Nr. 5 StPO. Ziel der Wiederaufnahme des Verfahrens ist die Freisprechung des Verurteilten.

Die Wiederaufnahme ist gem. §359 Nr. 5 StPO ist zulässig, da es sich hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Verurteilten neue Tatsachen ergeben haben, welche duch neue Beweismittel belegt sind. Bei dem neuen Beweismittel handelt es sich um ein Fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten der Cellenus Klinik Ortenau vom 12.6.2014.

Die neue Tatsache ist ein Rentenbescheid wegen voller Erwerbsminderung vom 11.9.2014.

(...) Nach Auffassung des Herrn Dr. (Arzt) war eine fachpsychologische Begutachtung sinnvoll. Das daraufhin erstellte Gutachten belegt Umstände, die die Berufsunfähigkeit des Antragsstellers bereits zum Zeitpunkt der unterstellten tatbestandlichen Verwirklichung belegen. (...) Behinderungsgrad von 70 (...)

In Folge der neuen Belege über die bestandenen Tatsachen nahm die deutsche Rentenversicherung eine tatbestandliche Rückanknüpfung vor und erliess einen Bescheid vom 11.9.2014. Aus diesem Bescheid geht hervor, dass der Antragssteller ab dem 1.7.2003 Voraussetzungen für die Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt. Insoweit ist von einem anderen Nettoeinkommen des Antragsstellers auszugehen.

Hätte das Gericht zum Zeitpunkt der Verurteilung Kenntnis von der bestehenden Berufsunfähigkeit und der damit verbundenen geminderten Leistungsfähigkeit gehabt, wäre es nicht zu einer Verurteilung gekommen. Eine Vorenthaltung der Unterhaltspflicht wäre schon tatbestandlich nicht erfüllt. Jedenfalls hätte es am Verschulden gemangelt.

Seitens des Antragsstellers wurden die Umstände, die die Berufsunfähigkeitbegründen im Rahmen seiner Einlassung schon im Verurteilungszeitpunkt vorgetragen und waren als Indizien schon damals im Raum gestanden.

3. Der Antrag auf Anordnung der Unterbrechung der Strafvollstreckung beruht auf §360 Abs. 2 StPO. Diese Vorschrift regelt den Widerstreit des Gebots der nachdrücklichen Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und der im Interesse der materiellen Gerechtigkeit gebotenen Verhinderung der Vollstreckung von Fehlurteilen. Zwar kommt dem Wiederaufnahmeantrag gem. §360 Abs. 1 StPO kein Suspensionseffekt zu, denn die Vollstreckung wird erst aufgrund einer rechtskräftigen Anordnung der Wiederaufnahme und der Erneuerung der Hauptverhandlung nach §370 Abs. 2 StPO unzulässig. Jedoch ermöglicht §370 Abs. 2 StPO dem Wiederaufnahmegericht eine sachgerechte Entscheidung über die Unterbrechung der Urteilsvollstreckung. Wie bei der Zulässigkeitsprüfung ist das Gericht bei der Frage einer Unterbrechung der Vollstreckung nicht auf eine abstreckte Schlüssigkeitsprüfung des Wiederaufnahmevortrags beschränkt. Vielmehr ist die Einbeziehung der Urteilsgründe und des gesamten Akteninhalts abzuwägen, ob die Schuldfrage des erkennenden Gerichts bei Kenntnis des neuen Beweismittels möglicherweise anders entschieden worden wäre.

Nach diesen Kriterien ist dem Antrag auf Anordnung der Unterbrechung stattzugeben. Die veränderten Tatsachen bedingten den Umstand, dass bvei ihrer nachträglichen Würdigung für eine Verurteilung kein Raum bleibt, da von einer fehlenden Leistungsfähigkeit des Antragsstellers auszugehen ist. Im Hinblick darauf überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers das öffentliche Vollzugsinteresse.

(Anwaltsname)
Fachanwalt für Strafrecht
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RE: OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung - von p__ - 25-11-2014, 15:00

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