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1626a BGB - Entscheidung in Straßburg zum Sorgerecht nichtehelicher Väter
Dieses Papier des Deutschen Familiengerichtstages ist fast ein kleines Wunder. Der Familiengerichtstag mit seinem Vorsitzenden Brudermüller vom OLG Karlsruhe zeigte sich bisher alles andere als fortschrittlich, sondern äusserst systemtragend. 80% seiner "Empfehlungen" betrafen Unterhaltsfragen und sehr viele seiner Empfehlungen wurden auch tatsächlich durchgesetzt. Viele unterhaltsmaximierende Ideen wurden auf den Familiengerichtstagen zuerst öffentlich. Auch beim "Gewaltschutz" war man immer sehr auf feministischer Linie. Zum Sorgerecht wurden kaum Empfehlungen gegeben, da war man mit dem Kurs ganz zufrieden, die in Deutschland gefahren wurde. Ich möchte dieses Papier noch einmal inhaltlich analysieren:
  • Es stellt mit seinem Bekenntnis zur schnörkellosen Zusammenfassung von Vaterschaftsanerkennung und Eintritt ins gemeinsame Sorgerecht eine klare Gegenposition zu fast allem dar, was derzeit in der Politik diskutiert wird. Das erscheint mir fast schon unwirklich einfach und unkomplex für Juristen.
  • EuGHMR und EuGH legten nur Minimalanforderungen fest, die optimale Gestaltung unterliegt der nationalen Gesetzgebung.
  • Die Kritik an den Vorschlägen der Politik (z.B. das befristete Widerspruchsrecht der Mutter) ist relativ hart: Es ergeben sich weitere Probleme im Kielwasser: "Bei der fristgebundenen Widerspruchsmöglichkeit der Mutter handelt es sich um ein Einfallstor für unerwünschte Bürokratisierung, formale Quisquilien und rechtliche Unsicherheiten. Die tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen, die im Einzelfall auftauchen können, sind jedem Juristen aus vergleichbaren Zusammenhängen bekannt." Die Widerspruchsmöglichkeit der Mutter sei ein unnötiges, sowohl die Beteiligten wie die Behörden belastendes Regelungselement, das besser ersatzlos wegfallen sollte.
  • Sorgerecht automatisch nur für zusammenlebende Paare ist regelungstechnisch nicht zufriedenstellend umsetzbar.
  • Ein längerer, aber hochinteressanter Abschnitt auf Seite 6 geht auf grundsätzliche Probleme des "Muttermodells" ein und auf die Sorgebereitschaft des Vaters, auf der vieles fusst.
  • Punkt 7.2 enthält wie schon oben angedeutet Sprengstoff, ein Thema das mir schon immer am Herzen liegt, aber in der öffentlichen Diskussion strikt vermieden wurde: Sorgerecht für noch nicht geborenes menschliches Leben. "Die ausdrückliche Erstreckung der elterlichen Verantwortung schon auf den Embryo ist alternativlos und hätte im wesentlichen nur klarstellenden Charakter (sie war - im Kontext von § 1666 BGB - auch schon von einer früheren Arbeitsgruppe beim BMJ empfohlen worden)." Das würde sich auf die Schädigung des Embryos durch die Eltern erstrecken und auf die Entscheidung zu einer Abtreibung. Gerade in diesem Punkt sind die Väter ausschliesslich Täter und absolut rechtlos, auch wenn sie mit der Mutter verheiratet sind. Die Mutter entscheiden ganz allein über Leben und Tod.

Kurz und gut, das Papier ist eigentlich visionär zu nennen verglichen mit dem, was der DFGT die letzten zehn Jahre sonst so abgelassen hat. Ich habe den Eindruck, selbst die Juristen haben den Status Quo zur elterlichen Sorge und die Klammerei an diesen Schrott zuungunsten der Kinder langsam satt. Wir sollten auf den Inhalt des Papiers in allen Diskussionen mit ewiggestrigen Politikern verweisen.
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RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 03-12-2009, 12:42
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 03-12-2009, 13:16
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 03-12-2009, 13:49
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 03-12-2009, 17:33
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von Wolfs-Leben - 04-12-2009, 00:11
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 04-12-2009, 08:40
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 04-12-2009, 12:44
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 04-12-2009, 13:43
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 04-12-2009, 14:29
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von bumbui - 04-12-2009, 15:07
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 04-12-2009, 17:20
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 05-12-2009, 19:05
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 10-12-2009, 18:37
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 07-12-2009, 19:01
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 23-12-2009, 18:48
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 23-12-2009, 19:25
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 24-12-2009, 00:08
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 24-12-2009, 18:17
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg - von blue - 28-12-2009, 11:45
RE: 1626a BGB - Entscheidung in Straßburg zum Sorgerecht nichtehelicher Väter - von p__ - 24-03-2011, 23:21

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