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OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung Unterhaltspflichtverletzung
#10
Nachdem die Akte ja lückenlos Dokumentiert werden sollte, stelle ich hier den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf die Revisionsbegründung ein.

Auch hier wurden persönlich Daten mit XXXXX gekennzeichnet

Zitatanfang:


Ss 238/2009
I. Strafverfahren gegen XXX
wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

Revision des Angeklagten

1. Mit der zulässigen Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts

Der Revision wird ein zumindest vorläufiger Teilerfolg nicht zu versagen sein

Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch Wegen Unterhaltspflichtverletzung. Allerdings liegt für jeden der vom Landgericht festgestellten Tatzeiträume (1.05.06 – 31.10.06, 1.01.07 – 30.06.07 und ab 18.07.08) jeweils eine neue tatmehrheitliche Unterhaltspflichtverletzung vor. (vgl. Sch/Sch-Leckner, StGB 27. Aufl., Rn. 36 zu § 170), so dass der Schuldspruch entsprechend zu berichtigen ist. Das Verböserungsverbot steht dem nicht entgegen (vgl. Mayer-Goßner, Kommentar zur StPO, 52. Aufl., RN. 8 zu § 331).

Weitere Feststellungen zu dem im Jahre 2004 eröffneten Insolvenzverfahren waren nicht erforderlich. Denn gem. § 89 Abs. 2 S. 2 InsO konnte (und musste) der Angeklagte auf den erweitert pfändbaren Teil seines jeweiligen Einkommens zu- rückgreifen (vgl. Gottwald, Insolvenzrechts-Handb., 3. Aufl., Rn 30).

Da die Pfändungsfreigrenze gem. § 850c ZPO im verfahrensgegenständlich Zeitraum bei 985 € lag, war der Angeklagte während des Bezugs von Arbeitslosen- und Krankengeld – unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes von 770 €gem. Düsseldorfer Tabelle – jedenfalls in Höhe des Differenzbetrages von 225 € leistungsfähig.

Nach dem 18.07.08 ist allerdings unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von Dann 900 € nur von einer Leistungsfähigkeit in Höhe von 85 € auszugehen.

Soweit das Landgericht auch für diesen Zeitraum eine Leistungsfähigkeit in Höhe von „200 € zugrunde gelegt hat, ist dies zwar rechtsfehlerhaft, lässt aber den Schuldspruch an sich unberührt.

Zutreffend hat die Revision dargelegt, dass sie Strafkammer rechtsfehlerhaft von dem im Vergleich niedergelegten Unterhaltsbetrag als dem gesetzlich geschuldeten Unterhalt ausgegangen ist.

Auch auf diesen Rechtsfehler beruht das Urteil aber nicht, da sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch gem § 1612a BGB im Tatzeitraum aus den sonstigen Urteilsfeststellungen ermitteln lässt. Nach der Düsseldorfer Tabelle beläuft sich der Unterhaltsanspruch für die Geschädigte – unter Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldanteils – auf mindestens 334 € und liegt damit sogar über dem vom Landgericht angesetzten Vergleichsbetrag von nur 300 €.

Soweit die Revision Sachverhalt außerhalb der Urteilsfeststellungen – wie ein Angeblich fiktives Haushaltseinkommen der geschädigten – vorträgt, ist dies unbehelflich. Gegenstand der sachlich-rechtlichen Überprüfung ist ausschließlich die Urteilsurkunde (BGHSt. 35, 238/241; BGH NJW 1998, 3654)

Da der Schuldspruch wie ausgeführt abzuändern und erstmals Einzelstrafen festzusetzen sind, kann der Rechtsfolgeausspruch keinen Bestand haben.

Zudem hat das Landgericht die Unerläßlichkeit einer kurzen Freiheitsstrafe nicht hinreichend begründet, insbes. Hat es nicht alle zu Überprüfung der Unerläßlichkeit einer Freiheitsstrafe maßgelbliche Gesichtspunkte gewürdigt, was auch bei Verurteilungen wegen Unterhaltspflichtverletzungen nicht entbehrlich ist. (vgl. Sch./Sch.-Lenckner, a.a.O., Rn. 37).

Außerdem wird bei der Strafzumessung die eingeschränkte Leistungsfähigkeit ab 18.07.08 zu berücksichtigen sein.

2. Es wird beantragt.

Auf die Revision des Angeklagten

a) das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 09.01.2009 dahingehend abzuändern, dass auf die Berufung des Angeklagten das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 25.05.2009 aufgehoben und der Angeklagte der Unterhaltspflichtverletzung in 3 Fällen schuldig gesprochen wird.

b)das Urteil des Landgerichts Augsburg im Rechtsfolgeausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahren – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückzuverweisen und

c) im übrigen die Revision des Angeklagten durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zurückzuweisen.

II. Mit Akten
An den 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts München
München, 5. Februar 2010

Zitzmann
Oberstaatsanwalt

Zitatende:


Nach obigem Schreiben hatte mein Anwalt zwei Wochen Zeit zur Stellungnahme.

So hat er seine Stellungnahme formuliert:

Zitatanfang
:

ZU AKTENZEICHEN 4 Ns 101 Js 115166/08
Stellungnahme zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München
In der Strafsache gegen
XXX
wegen Verletzung der Unterhaltspflicht wird auch nach Überlassung der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 08.02.2010 an den Anträgen gemäß Revisionsbegründungsschriftsatz vom 09.10.2009 festgehalten. In der Intention erfreulich bejaht die Generalstaatsanwaltschaft München einen „nicht zu versagenden vorläufigen Teilerfolg“ des Revisionsangriffs des Angeklagten.
An einem für den Angeklagten sehr wesentlichen Punkt ist der Generalstaatsanwaltschaft allerdings mit Nichten zu folgen. Die Generalstaatsanwaltschaft weist darauf hin, dass die Revision zutreffend dargelegt habe, dass die Strafkammer rechtsfehlerhaft von dem im Vergleich niedergelegten Unterhaltsbetrag als dem gesetzlich geschuldeten Unterhalt ausgegangen sei. Allerdings würde das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht beruhen, da sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch im Tatzeitraum aus den sonstigen Urteilsfeststellungen ermitteln ließe. Dem kann nicht gefolgt werden. Viel mehr ist ein konkreter Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zunächst im Hinblick auf Tatbestand, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit und etwaige Verwirkungseinwendungen zu überprüfen, sodann ist ein konkreter Unterhaltsbedarf der Höhe nach zu bestimmten, insoweit darf das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach keineswegs vorausgesetzt werden vor dem Hintergrund des abgeschlossenen Vergleiches. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch erschöpft sich auch nicht in den Voraussetzungen des § 1612 a BGB sondern ist in sämtlichen Voraussetzungen der §§ 1601 ff BGB einer Urteilsfeststellung zu unterziehen.

Insoweit ist das Urteil nicht nur im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben sondern auch darüber hinaus und insgesamt.

Marcus Becker
Rechtsanwalt

Zitatende:




Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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RE: OLG München 5St RR (II) 60/10 zerfetzt Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung - von Camper1955 - 18-02-2011, 00:15

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