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OLG Jena 1 UF 397/07: Einkommen der Partnerin eines Unterhaltspflichtigen
#1
OLG Jena, Urteil vom 3.7.2008 - Aktenzeichen 1 UF 397/07: Auskunft über die Einkommensverhältnisse seines Ehegatten. Volltext unter http://www.thueringen.de/olg/urteil/infothek10.html

Die Frage ist eine faq und wird auch in der Trennungsfaq ansatzweise beantwortet. Sie stellt sich immer dann, wenn Unterhaltspflichtige wieder heiraten: Inwieweit kann die Ex oder der Nachwuchs ihre Finger auf das Einkommen der neuen Frau eines Unterhaltspflichtigen legen, mit der sie eigentlich nichts zu tun haben dürften? Das deutsche Unterhaltsrecht basiert auf dem Sippenhaftgedanken: Geld wird grundsätzlich überall dort eingesammelt, wo es vermutet wird, nämlich nicht nur beim Pflichtigen, sondern auch in seinem gesamten Umfeld, zuallererst bei seinen neuen Partnern. Dafür werden einfach verschiedene Tricks eingesetzt, um die Grenzen direkter Unterhaltsverpflichtungen zu umgehen.

Das OLG Jena beschäftigt sich mit so einem Fall und zwar auf der Auskunftsebene. Das volljährige Kind will Unterhalt vom Vater. Von der Mutter und was sie zahlt steht nichts im Urteil. Der Vater war pleite und arbeitslos, in Insolvenz, danach wieder als Hausmeister mit geringem Einkommen beschäftigt. Unterhalt hat er nach Möglichkeit bezahlt, manchmal auch zu spät oder gar nicht. Deswegen hat ihn die Ex oder der Sohn auch wegen Unterhaltspflichtverletzung angezeigt, es herrscht also der leider üblich gewordene Hass und grenzenlose Zerstörungswillen. Der Vater ist wieder verheiratet und zwar im Ehestand der Gütertrennung. Seine neue Frau sei Krankenschwester. Dem Vater wird vorgeworfen, mal in einem grossen Auto unterwegs gewesen zu sein. Eine unbewiesene Unsachlichkeit, die einen korrekt arbeitenden Richter eigentlich nicht interessieren dürfte. Leider konnten sie die vom OLG Jena nicht beherrschen, diese stinkende Schlammschlacht in den Urteilstext zu übernehmen.

Nun verklagt man ihn, Auskunft über das gesamte Einkommen seiner Frau zu geben und zwar inclusive Nachweisen, Belegen. Er "ist der Ansicht, die Auskunft zu Recht zu verweigern. So habe er mit seiner Ehefrau Gütertrennung vereinbart und das Gesetz gebe keinen Auskunftsanspruch. Was die Steuererklärungen betreffe, so sei diese Frage aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens nicht geklärt. Jedenfalls könne der Kläger keinen Familienunterhaltsanspruch gegenüber seiner Ehefrau geltend machen."

Er verliert beim OLG Jena. Der Kläger habe einen Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse der neuen Ehefrau (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB):

"Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 07.05.2003, XII ZR 229/00; FamRZ 2003, 1836 – zum Elternunterhalt) hat der Unterhaltsverpflichtete nicht nur über seine eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu erteilen, sondern - falls dies von ihm verlangt wird - zusätzlich Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau zu machen, jedenfalls soweit diese erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Denn durch letzteren wird auch die eigene finanzielle Lage des Unterhaltsverpflichteten beeinflusst.

Zutreffend hebt der Kläger darauf ab, dass der Unterhaltsanspruch des Beklagten gegen seine Ehefrau bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, FamRZ 1982, 590, 591; FamRZ 2002, 742; OLG Jena, OLG-NL 2006, 11). So ist entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der - im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten - seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der BGH insbesondere im Rahmen seiner Hausmannrechtsprechung (FamRZ 2006, 1010, 1013 f. und FamRZ 2006, 1827, 1828) sowie seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt (FamRZ 2004, 370, 372) hingewiesen.
"

Und zwar so wie bei anderen Pflichtigen über den Zeitraum von einem Jahr oder drei Jahren (selbständige Tätigkeit). Weiter:

"Allerdings steht dem Kläger nur ein Anspruch auf grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten zu, da weitere Auskünfte vom Beklagten (rechtlich) nicht zu beschaffen sind.

Denn für den Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) sieht das Gesetz zurzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. So wird dem Berechtigten daher lediglich aus § 1353 BGB ein Anspruch auf „grobe Information“ zugebilligt (vgl. BGH, FamRZ, 2001, 23; Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlicher Praxis, 6. Aufl., § 1 Rdn. 664 m.w.N.; a.A. OLGR München 2000, 123), was sich auch im Umfang der Auskunftsverpflichtung nach § 1605 BGB niederschlagen muss. Denn der Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau kann nicht weiter gehen, als sein eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) betrifft, der von der Verpflichtung zur groben Information nicht erfasst wird. So hat der BGH in seinem Urteil vom 07.05.2003 (a.a.O.) darauf verwiesen, dass hinsichtlich eines etwaigen Verlangens auf Vorlage von gemeinsamen Steuerbescheiden Angaben, die ausschließlich die Ehefrau betreffen, nicht zu offenbaren sind und deshalb unkenntlich gemacht werden können (vgl. hierzu auch Anmerkung von Strohal, FamRZ 2003, 1839).
"

Zur Gütertrennung:
"Soweit der Beklagte der Auskunftserteilung mit der zwischen ihm und seiner Ehefrau vereinbarten Gütertrennung begegnen will, so kann er hiermit nicht durchdringen. Denn die Form des gewählten Güterstandes hat auf den Familienunterhaltsanspruch keinen Einfluss. Ein etwaiger Verzicht auf zukünftigen Unterhalt ist nach §§ 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB unzulässig."


Es muss also Auskunft gegeben werden. Genaue Details sind auch nicht wichtig, denn es geht nur darum, dem Pflichtigen einen Selbstbehalt von Null zu verpassen, damit ihm Unterhalt abgepresst werden kann. Sogar das Gericht gibt zwar zu, dass eigentlich kein Auskunftsanspruch zwischen Gatte und Gattin besteht ("sieht das Gesetz zurzeit keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor"), aber was sind schon solche Gesetze wert, wenn darauf hofft, Geld vor Augen blinken zu sehen? Die juristische Rabulistik erreicht ihr Ziel immer, der Zweck heiligt die Mittel. Auch ein Anwalt reibt sich verwundert die Augen, RA Wille schreibt: "Der Unterhaltsgläubiger hat nunmehr einen Auskunftsanspruch, insbesondere auch über das Einkommen des neuen Ehegatten. Dies erstaunt, da es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt."

VORSICHT also bei einer neuen Heirat. Kein Vertrag, keine Gütertrennung schützt die neue Partnerin davor, sich offenbaren zu müssen und indirekt Unterhalt bezahlen zu müssen.
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OLG Jena 1 UF 397/07: Einkommen der Partnerin eines Unterhaltspflichtigen - von p__ - 15-06-2009, 15:37
Quod licet Iovi non licet bovi - von Gast1 - 16-06-2009, 21:18

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