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Erfahrungsbericht meiner Vasektomie
#1
Im Vorfeld möchte ich sagen, daß ich viele der Erfahrungen von Männern, die sich an dieses Forum wenden selbst erlebt habe. Auch ich habe mittlerweile nur noch spärlichen Kontakt zu meinem Sohn, den die Mutter ins Ausland mitgenommen hat.
Aus meiner heutigen Perspektive muß ich klar sagen, daß wir als Paar zur einer Hochrisikogruppe gehört haben, die aus meiner eigenen Beobachtung heraus sehr häufig zu einer Konstellation führt, bei der der Vater in der westlichen Welt aus der Familie entfernt wird:

Meine Ex-Partnerin wurde als Kind sexuell mißbraucht, ich wiederum wurde von einer psychisch labilen Mutter alleine erzogen, nachdem diese mir als Kleinkind auch meinen Vater durch Wegzug vollständig genommen hatte.

Meine Meinung: Wenn du als Mann von einer alleinerziehenden Mutter aufgezogen worden bist, hast du ein hohes Risiko, daß du dir eine Partnerin suchst, die ebenfalls eine alleinerziehende Mutter sein möchte, eigentlich logisch, wenn man mal länger drüber nachdenkt. Je nachdem wie hoch der psychische Knacks bei deiner Partnerin ist, setzt sie sich u.U. mit aller Gewalt mit diesem Wunsch durch.



Doch nun zu meinem Erfahrungsbericht zum Thema Vasektomie:

Im Alter von 43 Jahren habe ich mich vasektomieren lassen. Warum habe ich das getan ?

Zur Halbzeit meiner Scheidung, die immerhin 6 Jahre gedauert hat, fing ich an, mich wieder mit Frauen zu verabreden. Während der ersten Halbzeit war ich psychisch sehr stark angeschlagen. Ich hatte keinerlei Lust verspürt, mich mit Frauen zu verabreden, geschweige denn mich auf sie einzulassen. Mir fiel es sogar schwer meine Männerfreundschaften zu pflegen, ich war zu sehr damit beschäftigt zu verstehen, warum mir meine Ex das Kind immer mehr vorenthalten konnte und keiner aus der Helferindustrie sich nur im Entferntesten dafür interessierte. Für mich als rationalem Menschen, der eher technisch orientiert ist, war dies ein schwerer Schlag und der Ursprung für eine heftige Depression.

Dann habe ich mich verliebt. Es war schön und heiß, der erste Kuß eine Offenbarung, aber: von meiner Seite aus ging nichts mehr im Bett. Ich hatte eine Scheißangst, trotz Kondom ein Kind zu zeugen, und es mir noch einmal passieren würde ein geliebtes Kind zu verlieren. Ich war völlig verspannt und hatte in Folge große Versagensängste. Das Versagen kam dann ganz automatisch. Im Ganzen keine guten Voraussetzungen für Sex.

Ich hatte es dann mit Cialis probiert und wenigstens in den extrem lustvollen Phasen ging es wieder Sex zu haben. Ich muß sagen, daß mir das Medikament damals sehr geholfen hat, zumindest die Versagensängste zu lindern.

Meine Verliebtheit verging nach kurzer Zeit und ich erkannte alte Beziehungsmuster und vor allem: auch die "Neue" hatte eine traumatische Verbindung in ihre Ursprungsfamilie. Ich beschloß, daß es das sein sollte und trennte mich. Zu stark ähnelten sich die Muster obwohl die Frau wirklich "lecker" gewesen war.

Was konnte ich aber gegen die Angst tun, ein weiteres Kind zu zeugen? Nocheinmal würde ich es nicht schaffen durch den Schmerz der Umgangsverweigerung und den Kindesentzug durchzugehen, das war mir klar. Der Grad an Verzweiflung und Hilflosigkeit, den man in dieser Situation fühlt, dürfte Vielen hier wahrscheinlich bekannt vorkommen.

Ich besorgte mir also nach reiflicher Überlegung einen Termin bei einem routinierten Urologen und dann habe ich es gemacht. Mir war klar, daß es Nebenwirkungen geben könnte, aber um es gleich vorweg zu nehmen: ich habe es nicht bereut.

Nach der üblichen Wartezeit von ca. 8 Wochen und den Spermatests war irgendwann gesichert, daß jegliche Familienplanung nun abgeschlossen sein würde. Dieses Gefühl war unbeschreiblich gut !

Fairerweise muß ich sagen, daß innerhalb der ersten 18 Monate beim Samenerguß ein leichtes "Ziehen" zu spüren war. Für mich war dies zwar ein negativer Punkt, jedoch wurde dieser aufgewogen durch das unglaubliche Gefühl beim Sex wieder einen freien Kopf zu haben (zumindest einigermaßen, nobody is perfect). Später war auch das "Ziehen" Geschichte und ich kann heute wieder schönen Sex haben - auch ohne Pillen. Nach einigen kurzen Erlebnissen mit Frauen habe ich seit etwas über einem Jahr eine feste Partnerin. Sie hat schon ein Kind, das allerdings die paritätische Doppelresidenz lebt. Auf diese Weise haben wir jeweils viel Zeit für uns alleine, aber auch für uns beide zusammen.

Ich hoffe, daß ich jemandem mit diesem Erfahrungsbericht helfen kann. Vor allem verlässt einen irgendwann einmal der Mut und da muß man sich selbst wieder heraushelfen. Ich bin da auch noch nicht am Ziel angekommen, aber ich schaue jeden Tag, daß ich mich um mich selbst kümmere und meine Bedürfnisse erfülle.

Einen Dank an dieser Stelle auch an P. und die neue Rubrik auf der "Schwesterseite", die ich immer wieder mit Spannung lese :-)
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Erfahrungsbericht meiner Vasektomie - von Alleinverzogener - 16-03-2019, 18:27

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