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LSG Bayern, Az. L 7 AS 130/14 v. 29.01.15 : Unterhaltstitel sind abzuändern
#1
Aus dem Tatbestand:

Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit von November 2011 bis Februar 2012. Er macht insbesondere einen Härtefallmehrbedarf nach §21 Abs. 6 SGB II geltend wegen Pflichtbeiträgen, die er als Künstler an die gesetzliche Rentenversicherung leisten musste.

Dem Kläger verblieben ca. 150 Euro als anzurechenendes Einkommen auf seinen sozialrechtlichen Bedarf nach SGB II.

Das Gericht führt u. a. aus:

Zitat:Unterhaltszahlungen können nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II vom Einkommen abgezogen werden...

Der Kläger hätte im zivilrechtlichen Verfahren gemäß § 323 ZPO die Abänderung des Unterhaltstitels, hier der Urkunde des Jugendamt nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 60 SGB VIII, anstreben können (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 78/10 R, Rn. 14). Er war nicht leistungsfähig für eine Unterhaltszahlung von monatlich 606,- Euro. Die Möglichkeit, titulierten Unterhalt von Einkommen nach § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II abzusetzen, macht Unterhaltszahlungen auf einen nicht der Realität entsprechenden Unterhaltstitel nicht zu einem existenzsichernden (Mehr-)Bedarf des Unterhaltsverpflichteten.

Es kann sein, dass durch Wegfall oder die Reduzierung der Unterhaltszahlungen die Kinder selbst hilfebedürftig werden. Das ist aber durch entsprechende Leistungen für die Kinder zu regeln, nicht durch Leistungen für den Vater. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Es ist aller Ehren wert, dass der Kläger sich so engagiert für seine Kinder einsetzt. Wenn er sich dabei aber wirtschaftlich an seine Grenzen kommt, tritt dafür nicht die Grundsicherung für Arbeitsuchende ein.

Quelle: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esg...&id=175866

In Bayern gehen die Uhren ja im Allgemeinen etwas anders, aber ich würde das gerne diskutieren.
Analog dazu hat ja der BGH in XII ZB 39/11 gemeint, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit könne nur ohne die
Hinzunahme von Sozialleistungen festgestellt werden. Der Kläger hier war mit seinen gesamten Kosten wirtschaftlich überfordert und wollte Mehrbedarf geltend machen. Das Gericht hat also, weil Mehrbedarf nicht isoliert festgestellt werden darf, das gesamte Bedarfsspektrum des Klägers durchleuchtet und kam zu der o. a. Feststellung. Ich frage mich natürlich, inwieweit die Absetzungsregelung noch sinngebend ist, wenn der Hilfebedürftige ohnehin angehalten ist, die Titelbeträge ändern zu lassen. Das Sozialrecht gibt dazu nichts her, bzw. findet sich dort keine Regelung, das die Unterhaltsabsetzung nur auf die Dauer bis zu einer Abänderung des Unterhalts befristet wäre.
Das BSG hat sich ja vor fünf Jahren wenigstens noch die Mühe gemacht, darauf hinzuweisen, daß das Unterhaltsrecht strengere Anforderungen an den Leistungsberechtigten stellt als das Sozialrecht und auf die Möglichkeiten der Einkommensfiktion hingewiesen.

Meinungen dazu?
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Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Vater
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LSG Bayern, Az. L 7 AS 130/14 v. 29.01.15 : Unterhaltstitel sind abzuändern - von Sixteen Tons - 07-08-2015, 00:28

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